Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.then ihr rüstiges Herz wie von heißen Strudeln Dahin trage nur die scheuen Schmerzen! then ihr rüſtiges Herz wie von heißen Strudeln Dahin trage nur die ſcheuen Schmerzen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" n="107"/> then ihr rüſtiges Herz wie von heißen Strudeln<lb/> gefaſſet, umgedreht und durchgebrannt. Ohne¬<lb/> hin war es heute durch das Wiederfinden des<lb/> Bruders, durch das Verlaſſen der Mutter und<lb/> die verlegne Bangigkeit vor Fremden und ſel¬<lb/> ber durch den ſonnenrothen Blumenbühler Berg<lb/> hin und her bewegt. Umſonſt kämpften die<lb/> friſchen braunen Augen, und die überreife volle<lb/> Lippe gegen den aufwühlenden Schmerz, die<lb/> heißen Quellen riſſen ſich durch und das blü¬<lb/> hende Angeſicht mit dem kräftigen Kinn ſtand<lb/> erröthend voll Thränen. Schmerzlich verſchämt<lb/> und bange, für ein Kind gehalten zu werden,<lb/> zumal da alle Rührungen der Andern unſicht¬<lb/> bar geblieben waren, drückte ſie das Schnupf¬<lb/> tuch über das brennende Geſicht und ſagte zum<lb/> Bruder: „ich muß fort, mir iſt nicht wohl, es<lb/> „will will erſticken.“ — und lief hinab zur<lb/> ſanften Liane.</p><lb/> <p>Dahin trage nur die ſcheuen Schmerzen!<lb/> Liane wandte ſich und ſah ſie ſchnell und heftig<lb/> die Augen trocknen. Ach ihre waren ja auch<lb/> voll. Da Rabette es ſah: ſagte ſie muthig:<lb/> „ich kanns ja nicht hören — ich muß heulen —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0115]
then ihr rüſtiges Herz wie von heißen Strudeln
gefaſſet, umgedreht und durchgebrannt. Ohne¬
hin war es heute durch das Wiederfinden des
Bruders, durch das Verlaſſen der Mutter und
die verlegne Bangigkeit vor Fremden und ſel¬
ber durch den ſonnenrothen Blumenbühler Berg
hin und her bewegt. Umſonſt kämpften die
friſchen braunen Augen, und die überreife volle
Lippe gegen den aufwühlenden Schmerz, die
heißen Quellen riſſen ſich durch und das blü¬
hende Angeſicht mit dem kräftigen Kinn ſtand
erröthend voll Thränen. Schmerzlich verſchämt
und bange, für ein Kind gehalten zu werden,
zumal da alle Rührungen der Andern unſicht¬
bar geblieben waren, drückte ſie das Schnupf¬
tuch über das brennende Geſicht und ſagte zum
Bruder: „ich muß fort, mir iſt nicht wohl, es
„will will erſticken.“ — und lief hinab zur
ſanften Liane.
Dahin trage nur die ſcheuen Schmerzen!
Liane wandte ſich und ſah ſie ſchnell und heftig
die Augen trocknen. Ach ihre waren ja auch
voll. Da Rabette es ſah: ſagte ſie muthig:
„ich kanns ja nicht hören — ich muß heulen —
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/115>, abgerufen am 16.02.2025. |