blüht, die schönen Tage, wo man sie betritt und das ewige frohe Umsehen nach ihnen, wenn sie schon tief im Horizonte mit ihren blü¬ henden Gipfeln liegen? Mutter, war diese frohe Zeit in deiner Brust, so nimm sie der Tochter nicht; und war sie dir grausam entzo¬ gen, so denk' an deinen bittersten Schmerz und erb' ihn nicht fort.
Gesetzt ferner, sie macht den Entführer ih¬ rer Seele glücklich, rechne nun, was sie für den Liebling derselben gewesen wäre und ob sie dann nichts verdiene als den zu ihr von Einer Gefängnißthüre auf immer eingeschlossenen Ker¬ kermeister zu ergötzen? -- Aber so gut ist's selten; -- du wirst ein doppeltes Mißgeschick auf deine Seele häufen, den langen Schmerz der Tochter, das Erkalten des Gatten, der spä¬ ter die Weigerungen fühlt und rügt. -- Du hast die Zeit verschattet, wo der Mensch am ersten Morgensonne braucht, die Jugend. O macht lieber alle andere Tageszeiten des Le¬ bens trübe, -- sie sind sich alle ähnlich, das dritte, und das vierte und fünfte Jahrzehend -- nur bei Sonnenaufgang lasset es nicht ins Le¬
blüht, die ſchönen Tage, wo man ſie betritt und das ewige frohe Umſehen nach ihnen, wenn ſie ſchon tief im Horizonte mit ihren blü¬ henden Gipfeln liegen? Mutter, war dieſe frohe Zeit in deiner Bruſt, ſo nimm ſie der Tochter nicht; und war ſie dir grauſam entzo¬ gen, ſo denk' an deinen bitterſten Schmerz und erb' ihn nicht fort.
Geſetzt ferner, ſie macht den Entführer ih¬ rer Seele glücklich, rechne nun, was ſie für den Liebling derſelben geweſen wäre und ob ſie dann nichts verdiene als den zu ihr von Einer Gefängnißthüre auf immer eingeſchloſſenen Ker¬ kermeiſter zu ergötzen? — Aber ſo gut iſt's ſelten; — du wirſt ein doppeltes Mißgeſchick auf deine Seele häufen, den langen Schmerz der Tochter, das Erkalten des Gatten, der ſpä¬ ter die Weigerungen fühlt und rügt. — Du haſt die Zeit verſchattet, wo der Menſch am erſten Morgenſonne braucht, die Jugend. O macht lieber alle andere Tageszeiten des Le¬ bens trübe, — ſie ſind ſich alle ähnlich, das dritte, und das vierte und fünfte Jahrzehend — nur bei Sonnenaufgang laſſet es nicht ins Le¬
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blüht, die ſchönen Tage, wo man ſie betritt
und das ewige frohe Umſehen nach ihnen,
wenn ſie ſchon tief im Horizonte mit ihren blü¬
henden Gipfeln liegen? Mutter, war dieſe
frohe Zeit in deiner Bruſt, ſo nimm ſie der
Tochter nicht; und war ſie dir grauſam entzo¬
gen, ſo denk' an deinen bitterſten Schmerz und
erb' ihn nicht fort.
Geſetzt ferner, ſie macht den Entführer ih¬
rer Seele glücklich, rechne nun, was ſie für den
Liebling derſelben geweſen wäre und ob ſie
dann nichts verdiene als den zu ihr von Einer
Gefängnißthüre auf immer eingeſchloſſenen Ker¬
kermeiſter zu ergötzen? — Aber ſo gut iſt's
ſelten; — du wirſt ein doppeltes Mißgeſchick
auf deine Seele häufen, den langen Schmerz
der Tochter, das Erkalten des Gatten, der ſpä¬
ter die Weigerungen fühlt und rügt. — Du
haſt die Zeit verſchattet, wo der Menſch am
erſten Morgenſonne braucht, die Jugend.
O macht lieber alle andere Tageszeiten des Le¬
bens trübe, — ſie ſind ſich alle ähnlich, das
dritte, und das vierte und fünfte Jahrzehend —
nur bei Sonnenaufgang laſſet es nicht ins Le¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/100>, abgerufen am 17.07.2024.
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