Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

friz in die Kirche mit der Prozession; Albano
in eine Zuschauer-Loge am Huldigungssaale;
denn er wollte auf keine Weise in die Schleppe
des Fürsten eingestickt seyn, nicht einmal als
Besatz. Das Prunk-Getümmel rauschte bald
in den Saal zurück. -- Die Ritterschaft, die
Geistlichkeit und die Städte bestiegen die
Schwurbühne. -- Im Schloßhofe stand ein
Fuß auf dem andern und eine Nadel konnte
zwar zur Erde kommen, aber kein Mensch, um
sie aufzuheben, jeder sah auf den Balkon her¬
auf und fluchte früher als er schwur. -- Der
Fürst blieb auch nicht weg -- der Thron, die¬
ser graduirte und paraphrasirte Fürstenstuhl,
stand offen und Fraischdörfer hatt' ihn mit
schönen mythologischen und heraldischen Ver¬
kröpfungen und Aussenwerken dekorirt. --

Dem Grafen gegenüber blühten die Hof¬
damen und darunter eine Rose und eine Lilie
Julienne und Liane. Wie man das Auge
von der frostigen starren Wintergegend zum
blauen wehenden Himmel aufhebt, der unsre
Frühlingsabende ansah und worin die leichten
Sommerwolken giengen und der Regenbogen

H h 2

friz in die Kirche mit der Prozeſſion; Albano
in eine Zuſchauer-Loge am Huldigungsſaale;
denn er wollte auf keine Weiſe in die Schleppe
des Fürſten eingeſtickt ſeyn, nicht einmal als
Beſatz. Das Prunk-Getümmel rauſchte bald
in den Saal zurück. — Die Ritterſchaft, die
Geiſtlichkeit und die Städte beſtiegen die
Schwurbühne. — Im Schloßhofe ſtand ein
Fuß auf dem andern und eine Nadel konnte
zwar zur Erde kommen, aber kein Menſch, um
ſie aufzuheben, jeder ſah auf den Balkon her¬
auf und fluchte früher als er ſchwur. — Der
Fürſt blieb auch nicht weg — der Thron, die¬
ſer graduirte und paraphraſirte Fürſtenſtuhl,
ſtand offen und Fraiſchdörfer hatt' ihn mit
ſchönen mythologiſchen und heraldiſchen Ver¬
kröpfungen und Auſſenwerken dekorirt. —

Dem Grafen gegenüber blühten die Hof¬
damen und darunter eine Roſe und eine Lilie
Julienne und Liane. Wie man das Auge
von der froſtigen ſtarren Wintergegend zum
blauen wehenden Himmel aufhebt, der unſre
Frühlingsabende anſah und worin die leichten
Sommerwolken giengen und der Regenbogen

H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0503" n="483"/>
friz in die Kirche mit der Proze&#x017F;&#x017F;ion; Albano<lb/>
in eine Zu&#x017F;chauer-Loge am Huldigungs&#x017F;aale;<lb/>
denn er wollte auf keine Wei&#x017F;e in die Schleppe<lb/>
des Für&#x017F;ten einge&#x017F;tickt &#x017F;eyn, nicht einmal als<lb/>
Be&#x017F;atz. Das Prunk-Getümmel rau&#x017F;chte bald<lb/>
in den Saal zurück. &#x2014; Die Ritter&#x017F;chaft, die<lb/>
Gei&#x017F;tlichkeit und die Städte be&#x017F;tiegen die<lb/>
Schwurbühne. &#x2014; Im Schloßhofe &#x017F;tand ein<lb/>
Fuß auf dem andern und eine Nadel konnte<lb/>
zwar zur Erde kommen, aber kein Men&#x017F;ch, um<lb/>
&#x017F;ie aufzuheben, jeder &#x017F;ah auf den Balkon her¬<lb/>
auf und fluchte früher als er &#x017F;chwur. &#x2014; Der<lb/>
Für&#x017F;t blieb auch nicht weg &#x2014; der Thron, die¬<lb/>
&#x017F;er graduirte und paraphra&#x017F;irte Für&#x017F;ten&#x017F;tuhl,<lb/>
&#x017F;tand offen und Frai&#x017F;chdörfer hatt' ihn mit<lb/>
&#x017F;chönen mythologi&#x017F;chen und heraldi&#x017F;chen Ver¬<lb/>
kröpfungen und Au&#x017F;&#x017F;enwerken dekorirt. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Dem Grafen gegenüber blühten die Hof¬<lb/>
damen und darunter eine Ro&#x017F;e und eine Lilie<lb/>
Julienne und Liane. Wie man das Auge<lb/>
von der fro&#x017F;tigen &#x017F;tarren Wintergegend zum<lb/>
blauen wehenden Himmel aufhebt, der un&#x017F;re<lb/>
Frühlingsabende an&#x017F;ah und worin die leichten<lb/>
Sommerwolken giengen und der Regenbogen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0503] friz in die Kirche mit der Prozeſſion; Albano in eine Zuſchauer-Loge am Huldigungsſaale; denn er wollte auf keine Weiſe in die Schleppe des Fürſten eingeſtickt ſeyn, nicht einmal als Beſatz. Das Prunk-Getümmel rauſchte bald in den Saal zurück. — Die Ritterſchaft, die Geiſtlichkeit und die Städte beſtiegen die Schwurbühne. — Im Schloßhofe ſtand ein Fuß auf dem andern und eine Nadel konnte zwar zur Erde kommen, aber kein Menſch, um ſie aufzuheben, jeder ſah auf den Balkon her¬ auf und fluchte früher als er ſchwur. — Der Fürſt blieb auch nicht weg — der Thron, die¬ ſer graduirte und paraphraſirte Fürſtenſtuhl, ſtand offen und Fraiſchdörfer hatt' ihn mit ſchönen mythologiſchen und heraldiſchen Ver¬ kröpfungen und Auſſenwerken dekorirt. — Dem Grafen gegenüber blühten die Hof¬ damen und darunter eine Roſe und eine Lilie Julienne und Liane. Wie man das Auge von der froſtigen ſtarren Wintergegend zum blauen wehenden Himmel aufhebt, der unſre Frühlingsabende anſah und worin die leichten Sommerwolken giengen und der Regenbogen H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/503
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/503>, abgerufen am 23.11.2024.