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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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seyn. Die Trauerkompagnie, die ihn mit sei¬
nem schnellen Schritte am Wasser gehen und
endlich alles zurückwerfen und hineinspringen
sah, mußte glauben, der Mensch wolle sich er¬
tränken und rannte vereinigt seinem Badeorte
zu um ihn nicht zu lassen. "Ersäuf' Er sich
"nicht!" schrie die Trauer-Negerei von wei¬
tem. Er ließ sie erst heran, um mit ihr näher
aus der Sache zu reden: "Ich nehme noch
"Vernunft an, ob ich gleich schon im Wasser
"stehe; aber lasset euch auch bedeuten, lieben
"Kerstene insgemein, denn so hieß man zu
"Karls Zeiten die Christen! Ich bin ein armer
"Sakramenter, und erinnere mich kaum wovon
"ich bisher lebte, so blutwenig wars. Was
"ich in der Welt nur anfieng, dabei war kein
"Seegen sondern Krebsgang hinten und vorn.
"Ich legte in Wien ein hübsches Magazin von
"Schnepfendreck an, aber ich setzte nichts ab,
"aus Mangel an Schnepfen. -- Ich griffs am
"andern Ende an und hausirte in Karlsbad
"für große Herren, die sonst auf jeden Bettel
"und Sessel ein Gemälde setzen, mit hübschen
"Kupferstichen für den Abtritt, damit sie da

ſeyn. Die Trauerkompagnie, die ihn mit ſei¬
nem ſchnellen Schritte am Waſſer gehen und
endlich alles zurückwerfen und hineinſpringen
ſah, mußte glauben, der Menſch wolle ſich er¬
tränken und rannte vereinigt ſeinem Badeorte
zu um ihn nicht zu laſſen. „Erſäuf' Er ſich
„nicht!“ ſchrie die Trauer-Negerei von wei¬
tem. Er ließ ſie erſt heran, um mit ihr näher
aus der Sache zu reden: „Ich nehme noch
„Vernunft an, ob ich gleich ſchon im Waſſer
„ſtehe; aber laſſet euch auch bedeuten, lieben
Kerſtene insgemein, denn ſo hieß man zu
„Karls Zeiten die Chriſten! Ich bin ein armer
„Sakramenter, und erinnere mich kaum wovon
„ich bisher lebte, ſo blutwenig wars. Was
„ich in der Welt nur anfieng, dabei war kein
„Seegen ſondern Krebsgang hinten und vorn.
„Ich legte in Wien ein hübſches Magazin von
„Schnepfendreck an, aber ich ſetzte nichts ab,
„aus Mangel an Schnepfen. — Ich griffs am
„andern Ende an und hauſirte in Karlsbad
„für große Herren, die ſonſt auf jeden Bettel
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[475/0495] ſeyn. Die Trauerkompagnie, die ihn mit ſei¬ nem ſchnellen Schritte am Waſſer gehen und endlich alles zurückwerfen und hineinſpringen ſah, mußte glauben, der Menſch wolle ſich er¬ tränken und rannte vereinigt ſeinem Badeorte zu um ihn nicht zu laſſen. „Erſäuf' Er ſich „nicht!“ ſchrie die Trauer-Negerei von wei¬ tem. Er ließ ſie erſt heran, um mit ihr näher aus der Sache zu reden: „Ich nehme noch „Vernunft an, ob ich gleich ſchon im Waſſer „ſtehe; aber laſſet euch auch bedeuten, lieben „Kerſtene insgemein, denn ſo hieß man zu „Karls Zeiten die Chriſten! Ich bin ein armer „Sakramenter, und erinnere mich kaum wovon „ich bisher lebte, ſo blutwenig wars. Was „ich in der Welt nur anfieng, dabei war kein „Seegen ſondern Krebsgang hinten und vorn. „Ich legte in Wien ein hübſches Magazin von „Schnepfendreck an, aber ich ſetzte nichts ab, „aus Mangel an Schnepfen. — Ich griffs am „andern Ende an und hauſirte in Karlsbad „für große Herren, die ſonſt auf jeden Bettel „und Seſſel ein Gemälde ſetzen, mit hübſchen „Kupferſtichen für den Abtritt, damit ſie da

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/495>, abgerufen am 25.11.2024.