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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Jüngling wäre mittelmäßig, der das bürger¬
liche Leben sehr zeitig lieb hätte; so gewiß auch
er und wir alle über die Fehler eines jeden
Amtes zu bitter richten, das wir nicht selber be¬
kleiden.

Die Gesellschaft hörte schweigend zu und
wunderte sich aus Artigkeit nur innerlich; Auf
Lianens Gestalt trat weicher Ernst.

Man stand auf -- die Enge verschwand
sein Eifer auch; -- aber ich weiß nicht, kam es
von der Trunkenheit des Sprechens oder des
liebenden Anschauens, oder von einem jugend¬
lichen Überspringen der Visiten-Zäune -- (von
Mangel an Lebensart kams aber nicht her)
genug das Faktum ist nicht zu leugnen (und
ich thu' auch am besten, es geradezu zu ge¬
ben), daß der Graf die arme alte von ihm
hergeführte Dame -- Hafenreffer weiß selber
nicht wie sie heißet -- stehen ließ und ich
glaube unbewußt zum Führen Lianen nahm.
-- Ach diese! Was soll ich sagen von der ma¬
gischen Nähe der geträumten Seele -- vom
leichten Aufliegen ihrer Hand, das nur der
Arm des innern Menschen, nicht des äußern

Jüngling wäre mittelmäßig, der das bürger¬
liche Leben ſehr zeitig lieb hätte; ſo gewiß auch
er und wir alle über die Fehler eines jeden
Amtes zu bitter richten, das wir nicht ſelber be¬
kleiden.

Die Geſellſchaft hörte ſchweigend zu und
wunderte ſich aus Artigkeit nur innerlich; Auf
Lianens Geſtalt trat weicher Ernſt.

Man ſtand auf — die Enge verſchwand
ſein Eifer auch; — aber ich weiß nicht, kam es
von der Trunkenheit des Sprechens oder des
liebenden Anſchauens, oder von einem jugend¬
lichen Überſpringen der Viſiten-Zäune — (von
Mangel an Lebensart kams aber nicht her)
genug das Faktum iſt nicht zu leugnen (und
ich thu' auch am beſten, es geradezu zu ge¬
ben), daß der Graf die arme alte von ihm
hergeführte Dame — Hafenreffer weiß ſelber
nicht wie ſie heißet — ſtehen ließ und ich
glaube unbewußt zum Führen Lianen nahm.
— Ach dieſe! Was ſoll ich ſagen von der ma¬
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leichten Aufliegen ihrer Hand, das nur der
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[392/0412] Jüngling wäre mittelmäßig, der das bürger¬ liche Leben ſehr zeitig lieb hätte; ſo gewiß auch er und wir alle über die Fehler eines jeden Amtes zu bitter richten, das wir nicht ſelber be¬ kleiden. Die Geſellſchaft hörte ſchweigend zu und wunderte ſich aus Artigkeit nur innerlich; Auf Lianens Geſtalt trat weicher Ernſt. Man ſtand auf — die Enge verſchwand ſein Eifer auch; — aber ich weiß nicht, kam es von der Trunkenheit des Sprechens oder des liebenden Anſchauens, oder von einem jugend¬ lichen Überſpringen der Viſiten-Zäune — (von Mangel an Lebensart kams aber nicht her) genug das Faktum iſt nicht zu leugnen (und ich thu' auch am beſten, es geradezu zu ge¬ ben), daß der Graf die arme alte von ihm hergeführte Dame — Hafenreffer weiß ſelber nicht wie ſie heißet — ſtehen ließ und ich glaube unbewußt zum Führen Lianen nahm. — Ach dieſe! Was ſoll ich ſagen von der ma¬ giſchen Nähe der geträumten Seele — vom leichten Aufliegen ihrer Hand, das nur der Arm des innern Menſchen, nicht des äußern

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/412>, abgerufen am 25.11.2024.