Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

rei dieser künstlichen Blindheit und band selber
vor die großen unersättlichen Augen das breite
schwarze Taftband, das als eine weibliche Bin¬
de und Spitzenmaske sonderbar und lieblich
gegen das blühende aber männliche Gesicht
abstach.

Nun neckten ihn beide freundlich mit münd¬
lichen Nachtstücken von den herrlichen Ufer-
Ornamenten, zwischen denen sie zogen. "Wie
"stolz (sagte Dian zu Schoppen) richtet sich
"dort das Schloß Lizanza und sein Berg gleich
"einem Herkules, mit zwölffachen Gürteln aus
"Weinlaub in die Höhe!" -- "Den Grafen
(sagte Schoppe leiser zu Dian) "bringt der
"Augen-Schmachtriemen um viel. Seht Ihr
"nicht, Baumeister, poetisch zu reden, den
"Glimmer von Aronens Stadt? Wie schön legt
"sie Lunens blanc d'Espagne auf und scheint sich
"im umgeworfnen Pudermantel des Mond¬
"scheins für morgen aufzusetzen und zu pu¬
"tzen! -- Doch ist das wenig, sieht man dort
"den heiligen Borromäus, der den Mond als
"eine frischgewaschene Nachtmütze aufhat, bes¬
"ser an: steht der Gigant nicht wie der Mi¬

Titan. I. B

rei dieſer künſtlichen Blindheit und band ſelber
vor die großen unerſättlichen Augen das breite
ſchwarze Taftband, das als eine weibliche Bin¬
de und Spitzenmaske ſonderbar und lieblich
gegen das blühende aber männliche Geſicht
abſtach.

Nun neckten ihn beide freundlich mit münd¬
lichen Nachtſtücken von den herrlichen Ufer-
Ornamenten, zwiſchen denen ſie zogen. „Wie
„ſtolz (ſagte Dian zu Schoppen) richtet ſich
„dort das Schloß Lizanza und ſein Berg gleich
„einem Herkules, mit zwölffachen Gürteln aus
„Weinlaub in die Höhe!“ — „Den Grafen
(ſagte Schoppe leiſer zu Dian) „bringt der
„Augen-Schmachtriemen um viel. Seht Ihr
„nicht, Baumeiſter, poetiſch zu reden, den
„Glimmer von Aronens Stadt? Wie ſchön legt
„ſie Lunens blanc d'Espagne auf und ſcheint ſich
„im umgeworfnen Pudermantel des Mond¬
„ſcheins für morgen aufzuſetzen und zu pu¬
„tzen! — Doch iſt das wenig, ſieht man dort
„den heiligen Borromäus, der den Mond als
„eine friſchgewaſchene Nachtmütze aufhat, beſ¬
„ſer an: ſteht der Gigant nicht wie der Mi¬

Titan. I. B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0037" n="17"/>
rei die&#x017F;er kün&#x017F;tlichen Blindheit und band &#x017F;elber<lb/>
vor die großen uner&#x017F;ättlichen Augen das breite<lb/>
&#x017F;chwarze Taftband, das als eine weibliche Bin¬<lb/>
de und Spitzenmaske &#x017F;onderbar und lieblich<lb/>
gegen das blühende aber männliche Ge&#x017F;icht<lb/>
ab&#x017F;tach.</p><lb/>
          <p>Nun neckten ihn beide freundlich mit münd¬<lb/>
lichen Nacht&#x017F;tücken von den herrlichen Ufer-<lb/>
Ornamenten, zwi&#x017F;chen denen &#x017F;ie zogen. &#x201E;Wie<lb/>
&#x201E;&#x017F;tolz (&#x017F;agte Dian zu Schoppen) richtet &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;dort das Schloß Lizanza und &#x017F;ein Berg gleich<lb/>
&#x201E;einem Herkules, mit zwölffachen Gürteln aus<lb/>
&#x201E;Weinlaub in die Höhe!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Den Grafen<lb/>
(&#x017F;agte Schoppe lei&#x017F;er zu Dian) &#x201E;bringt der<lb/>
&#x201E;Augen-Schmachtriemen um viel. Seht Ihr<lb/>
&#x201E;nicht, Baumei&#x017F;ter, poeti&#x017F;ch zu reden, den<lb/>
&#x201E;Glimmer von Aronens Stadt? Wie &#x017F;chön legt<lb/>
&#x201E;&#x017F;ie Lunens <hi rendition="#aq">blanc d'Espagne</hi> auf und &#x017F;cheint &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;im umgeworfnen Pudermantel des Mond¬<lb/>
&#x201E;&#x017F;cheins für <choice><sic>Morgen</sic><corr>morgen</corr></choice> aufzu&#x017F;etzen und zu pu¬<lb/>
&#x201E;tzen! &#x2014; Doch i&#x017F;t das wenig, &#x017F;ieht man dort<lb/>
&#x201E;den heiligen Borromäus, der den Mond als<lb/>
&#x201E;eine fri&#x017F;chgewa&#x017F;chene Nachtmütze aufhat, be&#x017F;¬<lb/>
&#x201E;&#x017F;er an: &#x017F;teht der Gigant nicht wie der Mi¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Titan. <hi rendition="#aq">I</hi>. B<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0037] rei dieſer künſtlichen Blindheit und band ſelber vor die großen unerſättlichen Augen das breite ſchwarze Taftband, das als eine weibliche Bin¬ de und Spitzenmaske ſonderbar und lieblich gegen das blühende aber männliche Geſicht abſtach. Nun neckten ihn beide freundlich mit münd¬ lichen Nachtſtücken von den herrlichen Ufer- Ornamenten, zwiſchen denen ſie zogen. „Wie „ſtolz (ſagte Dian zu Schoppen) richtet ſich „dort das Schloß Lizanza und ſein Berg gleich „einem Herkules, mit zwölffachen Gürteln aus „Weinlaub in die Höhe!“ — „Den Grafen (ſagte Schoppe leiſer zu Dian) „bringt der „Augen-Schmachtriemen um viel. Seht Ihr „nicht, Baumeiſter, poetiſch zu reden, den „Glimmer von Aronens Stadt? Wie ſchön legt „ſie Lunens blanc d'Espagne auf und ſcheint ſich „im umgeworfnen Pudermantel des Mond¬ „ſcheins für morgen aufzuſetzen und zu pu¬ „tzen! — Doch iſt das wenig, ſieht man dort „den heiligen Borromäus, der den Mond als „eine friſchgewaſchene Nachtmütze aufhat, beſ¬ „ſer an: ſteht der Gigant nicht wie der Mi¬ Titan. I. B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/37
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/37>, abgerufen am 21.11.2024.