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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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der, jede Erwartung die Weissagung der Gelieb¬
ten hören sollte -- aber wie unbegreiflich, un¬
begreiflich! --

"O Liane heißet sie und kein Gott soll den
"Namen ändern" sagte seine innerste Seele.
-- Denn in frühern Jahren hat eben der
kräftigste Jüngling an Mädchen reizende
Kränklichkeit und weiche Vollgefühle und nasse
Augen lieber -- so wie man überhaupt in Al¬
banos Jahren die Fluth (später die Ebbe) der
Augen zu hoch anschlägt, ob sie gleich oft wie
zu reiches Begießen die Saamenkörner der be¬
sten Entschlüsse wegschwemmen -- ; indeß er
später (weil er den Ehestand und die Wirth¬
schaft antreten will) sich mehr nach hellen und
scharfen Augen als nach feuchten, und mehr
nach kaltem und gesundem Blute erkundigt. --

Da Alban das Feuer seiner innern Wolken
meistens an den Ausladeketten der Klaviersai¬
ten niedergehen ließ -- seltener in die Hippo¬
krene der Poesie -- : so macht' er aus seinem
innern Charivari unbewußt einen Klavieraus¬
zug. Ich transponire seine Fantaisie folgender
Maaßen in meine Phantasie. Auf den weich¬

der, jede Erwartung die Weiſſagung der Gelieb¬
ten hören ſollte — aber wie unbegreiflich, un¬
begreiflich! —

„O Liane heißet ſie und kein Gott ſoll den
„Namen ändern“ ſagte ſeine innerſte Seele.
— Denn in frühern Jahren hat eben der
kräftigſte Jüngling an Mädchen reizende
Kränklichkeit und weiche Vollgefühle und naſſe
Augen lieber — ſo wie man überhaupt in Al¬
banos Jahren die Fluth (ſpäter die Ebbe) der
Augen zu hoch anſchlägt, ob ſie gleich oft wie
zu reiches Begießen die Saamenkörner der be¬
ſten Entſchlüſſe wegſchwemmen — ; indeß er
ſpäter (weil er den Eheſtand und die Wirth¬
ſchaft antreten will) ſich mehr nach hellen und
ſcharfen Augen als nach feuchten, und mehr
nach kaltem und geſundem Blute erkundigt. —

Da Alban das Feuer ſeiner innern Wolken
meiſtens an den Ausladeketten der Klavierſai¬
ten niedergehen ließ — ſeltener in die Hippo¬
krene der Poeſie — : ſo macht' er aus ſeinem
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[324/0344] der, jede Erwartung die Weiſſagung der Gelieb¬ ten hören ſollte — aber wie unbegreiflich, un¬ begreiflich! — „O Liane heißet ſie und kein Gott ſoll den „Namen ändern“ ſagte ſeine innerſte Seele. — Denn in frühern Jahren hat eben der kräftigſte Jüngling an Mädchen reizende Kränklichkeit und weiche Vollgefühle und naſſe Augen lieber — ſo wie man überhaupt in Al¬ banos Jahren die Fluth (ſpäter die Ebbe) der Augen zu hoch anſchlägt, ob ſie gleich oft wie zu reiches Begießen die Saamenkörner der be¬ ſten Entſchlüſſe wegſchwemmen — ; indeß er ſpäter (weil er den Eheſtand und die Wirth¬ ſchaft antreten will) ſich mehr nach hellen und ſcharfen Augen als nach feuchten, und mehr nach kaltem und geſundem Blute erkundigt. — Da Alban das Feuer ſeiner innern Wolken meiſtens an den Ausladeketten der Klavierſai¬ ten niedergehen ließ — ſeltener in die Hippo¬ krene der Poeſie — : ſo macht' er aus ſeinem innern Charivari unbewußt einen Klavieraus¬ zug. Ich transponire ſeine Fantaisie folgender Maaßen in meine Phantaſie. Auf den weich¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/344>, abgerufen am 14.11.2024.