torhuts auf dem Kopfe erhielt er von seiner medizinischen Unentbehrlichkeit so viele akade¬ mische Freiheiten, daß er zwischen seinen 4 Pfäh¬ len nicht freier aß und agirte als zwischen dem bunten spitzen Pfahlwerke des Hofes. Bracht' er da jemals -- das frag' ich -- einen Tropfen süßen Wein über die Lippen, ohne vorher einen Ephraimiten, der selber die Proba¬ zionstage nicht überlebte, herauszuziehen und ins Glas zu hängen, bloß um vor dem Hofe zu untersuchen, ob der Ephraimit darin nicht schwarz werde? Und wenns das Silber that, war da nicht das Überschwefeln des Weins so gut als demonstrirt, und hätte der Physikus nicht den Hof, die Süßigkeit, das Schwärzen, Vergiften und Ueberschwefeln recht artig ap¬ pliziren können, wenn er der Mann dazu ge¬ wesen wäre? --
Dem Zufalle, daß der Lektor über die Ein¬ laßzeit bei dem Minister für heute nachforschte, hatt' es Albano zu danken, daß er den schmerz¬ lichen Unfall nicht im Hause des Ministers oder neben der Blinden selber erfuhr. "Sie "können, (antwortete Sara, die Doktorinn,)
torhuts auf dem Kopfe erhielt er von ſeiner mediziniſchen Unentbehrlichkeit ſo viele akade¬ miſche Freiheiten, daß er zwiſchen ſeinen 4 Pfäh¬ len nicht freier aß und agirte als zwiſchen dem bunten ſpitzen Pfahlwerke des Hofes. Bracht' er da jemals — das frag' ich — einen Tropfen ſüßen Wein über die Lippen, ohne vorher einen Ephraimiten, der ſelber die Proba¬ zionstage nicht überlebte, herauszuziehen und ins Glas zu hängen, bloß um vor dem Hofe zu unterſuchen, ob der Ephraimit darin nicht ſchwarz werde? Und wenns das Silber that, war da nicht das Überſchwefeln des Weins ſo gut als demonſtrirt, und hätte der Phyſikus nicht den Hof, die Süßigkeit, das Schwärzen, Vergiften und Ueberſchwefeln recht artig ap¬ pliziren können, wenn er der Mann dazu ge¬ weſen wäre? —
Dem Zufalle, daß der Lektor über die Ein¬ laßzeit bei dem Miniſter für heute nachforſchte, hatt' es Albano zu danken, daß er den ſchmerz¬ lichen Unfall nicht im Hauſe des Miniſters oder neben der Blinden ſelber erfuhr. „Sie „können, (antwortete Sara, die Doktorinn,)
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torhuts auf dem Kopfe erhielt er von ſeiner
mediziniſchen Unentbehrlichkeit ſo viele akade¬
miſche Freiheiten, daß er zwiſchen ſeinen 4 Pfäh¬
len nicht freier aß und agirte als zwiſchen dem
bunten ſpitzen Pfahlwerke des Hofes. Bracht' er
da jemals — das frag' ich — einen Tropfen
ſüßen Wein über die Lippen, ohne vorher
einen Ephraimiten, der ſelber die Proba¬
zionstage nicht überlebte, herauszuziehen und
ins Glas zu hängen, bloß um vor dem Hofe
zu unterſuchen, ob der Ephraimit darin nicht
ſchwarz werde? Und wenns das Silber that,
war da nicht das Überſchwefeln des Weins ſo
gut als demonſtrirt, und hätte der Phyſikus
nicht den Hof, die Süßigkeit, das Schwärzen,
Vergiften und Ueberſchwefeln recht artig ap¬
pliziren können, wenn er der Mann dazu ge¬
weſen wäre? —
Dem Zufalle, daß der Lektor über die Ein¬
laßzeit bei dem Miniſter für heute nachforſchte,
hatt' es Albano zu danken, daß er den ſchmerz¬
lichen Unfall nicht im Hauſe des Miniſters
oder neben der Blinden ſelber erfuhr. „Sie
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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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