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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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von den Bildern des Fußteppichs an bis zu
den Alabasterstatuen der Wand; und im Ka¬
binet traf er unter den Gaben seiner Pflege¬
eltern alle seine nachgeschickten dichterischen
und philosophischen Studienbücher, holde Re¬
flexe aus der stillen ihm durch die Reise weit
entrückten Jugend, an, in deren Nelkenscherben
nur Konkordien florirt hatten, indeß jetzt Feuer¬
faxe gesäet werden. Da warf, nicht die Göt¬
tinn der Nacht den Mantel, sondern die Göt¬
tinn der Dämmerung den Schleier über sein
Auge und ließ im Helldunkel die Gestalten der
Zukunft, manche bewaffnet, manche bekränzt,
einen Trupp aus Parzen und Grazien an sei¬
nem Herzen, das bisher so ruhig war, Hände
und Hebel ansetzen und sein Herz wurde weich
und locker -- -- auf drei Minuten: wahrhaf¬
tig ein Jüngling, zumal dieser, hat die See¬
stürme, die dem Maler, die arbeitenden Vul¬
kane, die den Physiker, die Kometen, die den
Astronomen erfreuen in der physischen Welt,
eben so lieb in der moralischen.

Albano, jetzt von Lianen nur durch Gas¬
sen und Tage getrennt, fürchtete sich fast, daß

von den Bildern des Fußteppichs an bis zu
den Alabaſterſtatuen der Wand; und im Ka¬
binet traf er unter den Gaben ſeiner Pflege¬
eltern alle ſeine nachgeſchickten dichteriſchen
und philoſophiſchen Studienbücher, holde Re¬
flexe aus der ſtillen ihm durch die Reiſe weit
entrückten Jugend, an, in deren Nelkenſcherben
nur Konkordien florirt hatten, indeß jetzt Feuer¬
faxe geſäet werden. Da warf, nicht die Göt¬
tinn der Nacht den Mantel, ſondern die Göt¬
tinn der Dämmerung den Schleier über ſein
Auge und ließ im Helldunkel die Geſtalten der
Zukunft, manche bewaffnet, manche bekränzt,
einen Trupp aus Parzen und Grazien an ſei¬
nem Herzen, das bisher ſo ruhig war, Hände
und Hebel anſetzen und ſein Herz wurde weich
und locker — — auf drei Minuten: wahrhaf¬
tig ein Jüngling, zumal dieſer, hat die See¬
ſtürme, die dem Maler, die arbeitenden Vul¬
kane, die den Phyſiker, die Kometen, die den
Aſtronomen erfreuen in der phyſiſchen Welt,
eben ſo lieb in der moraliſchen.

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[274/0294] von den Bildern des Fußteppichs an bis zu den Alabaſterſtatuen der Wand; und im Ka¬ binet traf er unter den Gaben ſeiner Pflege¬ eltern alle ſeine nachgeſchickten dichteriſchen und philoſophiſchen Studienbücher, holde Re¬ flexe aus der ſtillen ihm durch die Reiſe weit entrückten Jugend, an, in deren Nelkenſcherben nur Konkordien florirt hatten, indeß jetzt Feuer¬ faxe geſäet werden. Da warf, nicht die Göt¬ tinn der Nacht den Mantel, ſondern die Göt¬ tinn der Dämmerung den Schleier über ſein Auge und ließ im Helldunkel die Geſtalten der Zukunft, manche bewaffnet, manche bekränzt, einen Trupp aus Parzen und Grazien an ſei¬ nem Herzen, das bisher ſo ruhig war, Hände und Hebel anſetzen und ſein Herz wurde weich und locker — — auf drei Minuten: wahrhaf¬ tig ein Jüngling, zumal dieſer, hat die See¬ ſtürme, die dem Maler, die arbeitenden Vul¬ kane, die den Phyſiker, die Kometen, die den Aſtronomen erfreuen in der phyſiſchen Welt, eben ſo lieb in der moraliſchen. Albano, jetzt von Lianen nur durch Gas¬ ſen und Tage getrennt, fürchtete ſich faſt, daß

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/294>, abgerufen am 24.11.2024.