Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.einen vergoldeten Abendstern*) im blauen Jetzt stand er in einer Thalrinne vor Lilar *) In Italien sehen die Sterne nicht silbern, son¬
dern golden aus. einen vergoldeten Abendſtern*) im blauen Jetzt ſtand er in einer Thalrinne vor Lilar *) In Italien ſehen die Sterne nicht ſilbern, ſon¬
dern golden aus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0254" n="234"/> einen vergoldeten Abendſtern<note place="foot" n="*)">In Italien ſehen die Sterne nicht ſilbern, ſon¬<lb/> dern golden aus.<lb/></note> im blauen<lb/> Weſten aufhängt, gleichſam über der Wohnung<lb/> der geliebten Seele. Dir und deinen jungen Au¬<lb/> gen werfen die Sterne nur Hofnungen, noch<lb/> keine Erinnerungen herunter, du haſt einen ab¬<lb/> gebrochenen ſtarren Apfelzweig voll <hi rendition="#g">rother</hi><lb/> Blüthenknoſpen in der Hand, die wie Unglück¬<lb/> liche zu <hi rendition="#g">blaſſen</hi> werden, wenn ſie aufblühen,<lb/> aber du machſt noch nicht ſolche Anwendungen<lb/> davon wie wir.</p><lb/> <p>Jetzt ſtand er in einer Thalrinne vor Lilar<lb/> glühend und bange, das aber ein ſonderbarer<lb/> runder Wald aus Laubengängen noch verſteckte.<lb/> Der Wald wuchs in der Mitte zu einem blü¬<lb/> henden Berge auf, den breite Sonnenblumen,<lb/> Fruchtſchnüre von Kirſchen und blinkende Sil¬<lb/> berpappeln und Roſenbäume in ſo künſtlicher<lb/> Verſchränkung einhüllten und umliefen, daß<lb/> er vor den maleriſchen Irrlichtern des Mondes<lb/> ein einziger ungeheurer Keſſelbaum voll Früchte<lb/> und Blüthen zu ſeyn ſchien. Albano wollte ſei¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0254]
einen vergoldeten Abendſtern *) im blauen
Weſten aufhängt, gleichſam über der Wohnung
der geliebten Seele. Dir und deinen jungen Au¬
gen werfen die Sterne nur Hofnungen, noch
keine Erinnerungen herunter, du haſt einen ab¬
gebrochenen ſtarren Apfelzweig voll rother
Blüthenknoſpen in der Hand, die wie Unglück¬
liche zu blaſſen werden, wenn ſie aufblühen,
aber du machſt noch nicht ſolche Anwendungen
davon wie wir.
Jetzt ſtand er in einer Thalrinne vor Lilar
glühend und bange, das aber ein ſonderbarer
runder Wald aus Laubengängen noch verſteckte.
Der Wald wuchs in der Mitte zu einem blü¬
henden Berge auf, den breite Sonnenblumen,
Fruchtſchnüre von Kirſchen und blinkende Sil¬
berpappeln und Roſenbäume in ſo künſtlicher
Verſchränkung einhüllten und umliefen, daß
er vor den maleriſchen Irrlichtern des Mondes
ein einziger ungeheurer Keſſelbaum voll Früchte
und Blüthen zu ſeyn ſchien. Albano wollte ſei¬
*) In Italien ſehen die Sterne nicht ſilbern, ſon¬
dern golden aus.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/254>, abgerufen am 16.07.2024. |