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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Taschenkalender. Diese Bücher der Seeligen --
wogegen meine eignen Werke und die Alexan¬
driner Bibliothek und die blaue nur elende re¬
mittenda
sind -- hatten alle Stempel weibli¬
cher Bücher; denn sie trugen alle Zierrathen
weiblicher Köpfe, nämlich einen Fingerhut voll
Puder wie diese -- seidne Band-Endchen wie
diese, als Demarkazionslinien und Gedenkzettel
der Lektüre -- und einen Wohlgeruch wie diese,
(den Semler auch an alchymischen rühmt)
welchen sie aus den Blüthen des Paradieses an¬
gezogen zu haben schienen. Ach seeliger Leser
des schönsten Buchs, (ich meine den Grafen)
willst du mehr? --

Allerdings; und er fand auch mehr, näm¬
lich hinten im gothaischen Taschenkalender auf
den beiden Final-Pergamentblättern die Worte:
"Armenkonzert d. 21. Februar" und "Schau¬
"spiel für die Armen d. 1. Nov." -- Ich habe
auf meiner Jagd nach Mysterien oft auf die¬
sen Blättern die wichtigsten aus dem Busche ge¬
klopft. -- "Das ist ja meiner Schülerinn Hand
"(sagte Falterle) -- sie versäumt mit ihrer
"Mutter so was selten, weils der Minister

Taſchenkalender. Dieſe Bücher der Seeligen —
wogegen meine eignen Werke und die Alexan¬
driner Bibliothek und die blaue nur elende re¬
mittenda
ſind — hatten alle Stempel weibli¬
cher Bücher; denn ſie trugen alle Zierrathen
weiblicher Köpfe, nämlich einen Fingerhut voll
Puder wie dieſe — ſeidne Band-Endchen wie
dieſe, als Demarkazionslinien und Gedenkzettel
der Lektüre — und einen Wohlgeruch wie dieſe,
(den Semler auch an alchymiſchen rühmt)
welchen ſie aus den Blüthen des Paradieſes an¬
gezogen zu haben ſchienen. Ach ſeeliger Leſer
des ſchönſten Buchs, (ich meine den Grafen)
willſt du mehr? —

Allerdings; und er fand auch mehr, näm¬
lich hinten im gothaiſchen Taſchenkalender auf
den beiden Final-Pergamentblättern die Worte:
„Armenkonzert d. 21. Februar“ und „Schau¬
„ſpiel für die Armen d. 1. Nov.“ — Ich habe
auf meiner Jagd nach Myſterien oft auf die¬
ſen Blättern die wichtigſten aus dem Buſche ge¬
klopft. — „Das iſt ja meiner Schülerinn Hand
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[221/0241] Taſchenkalender. Dieſe Bücher der Seeligen — wogegen meine eignen Werke und die Alexan¬ driner Bibliothek und die blaue nur elende re¬ mittenda ſind — hatten alle Stempel weibli¬ cher Bücher; denn ſie trugen alle Zierrathen weiblicher Köpfe, nämlich einen Fingerhut voll Puder wie dieſe — ſeidne Band-Endchen wie dieſe, als Demarkazionslinien und Gedenkzettel der Lektüre — und einen Wohlgeruch wie dieſe, (den Semler auch an alchymiſchen rühmt) welchen ſie aus den Blüthen des Paradieſes an¬ gezogen zu haben ſchienen. Ach ſeeliger Leſer des ſchönſten Buchs, (ich meine den Grafen) willſt du mehr? — Allerdings; und er fand auch mehr, näm¬ lich hinten im gothaiſchen Taſchenkalender auf den beiden Final-Pergamentblättern die Worte: „Armenkonzert d. 21. Februar“ und „Schau¬ „ſpiel für die Armen d. 1. Nov.“ — Ich habe auf meiner Jagd nach Myſterien oft auf die¬ ſen Blättern die wichtigſten aus dem Buſche ge¬ klopft. — „Das iſt ja meiner Schülerinn Hand „(ſagte Falterle) — ſie verſäumt mit ihrer „Mutter ſo was ſelten, weils der Miniſter

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/241>, abgerufen am 26.11.2024.