Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

macht hier zu seiner Ehre -- in Betracht, daß er
ein Legazionsrath und Lehnprobst ist -- die ganz
andere, gefühlvollere Bemerkung, daß die har¬
ten Erdschichten solcher Verhältnisse wodurch
Lianens Lebensquelle dringen und sikern müsse,
diese reiner und heller machen, so wie alle harte
Schichten Filtrirsteine des Wassers sind -- und
alle ihre Reize werden zwar durch ihren Vater
Quaalen, aber auch alle ihre Quaalen durch
ihr Dulden Reize. -- --

Aber, guter Zesara! wenn du nun das
alles täglich hören mußt, -- und wenn der
Exerzitienmeister ohnehin nicht zu schildern ver¬
gisset, wie sie ihn nie mit einer ungehorsamen
Mine, oder einer Zögerung gekränkt, wie froh
sie ihm die papiernen Stundenmarken und am
Ende das Schulgeld oder eine Einladung ge¬
bracht -- und wie besorgt und mild und höf¬
lich sie gegen ihre Dienerschaft gewesen und
wie man hätte denken sollen, ihr Herz könne
nicht wärmer werden, als schon die Menschen¬
liebe es mache, hätte man nicht ihre noch hei¬
ßere Tochterliebe gegen die Mutter gesehn --
-- guter Zesara, sag' ich, wenn du das alles

macht hier zu ſeiner Ehre — in Betracht, daß er
ein Legazionsrath und Lehnprobſt iſt — die ganz
andere, gefühlvollere Bemerkung, daß die har¬
ten Erdſchichten ſolcher Verhältniſſe wodurch
Lianens Lebensquelle dringen und ſikern müſſe,
dieſe reiner und heller machen, ſo wie alle harte
Schichten Filtrirſteine des Waſſers ſind — und
alle ihre Reize werden zwar durch ihren Vater
Quaalen, aber auch alle ihre Quaalen durch
ihr Dulden Reize. — —

Aber, guter Zeſara! wenn du nun das
alles täglich hören mußt, — und wenn der
Exerzitienmeiſter ohnehin nicht zu ſchildern ver¬
giſſet, wie ſie ihn nie mit einer ungehorſamen
Mine, oder einer Zögerung gekränkt, wie froh
ſie ihm die papiernen Stundenmarken und am
Ende das Schulgeld oder eine Einladung ge¬
bracht — und wie beſorgt und mild und höf¬
lich ſie gegen ihre Dienerſchaft geweſen und
wie man hätte denken ſollen, ihr Herz könne
nicht wärmer werden, als ſchon die Menſchen¬
liebe es mache, hätte man nicht ihre noch hei¬
ßere Tochterliebe gegen die Mutter geſehn —
— guter Zeſara, ſag' ich, wenn du das alles

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0232" n="212"/>
macht hier zu &#x017F;einer Ehre &#x2014; in Betracht, daß er<lb/>
ein Legazionsrath und Lehnprob&#x017F;t i&#x017F;t &#x2014; die ganz<lb/>
andere, gefühlvollere Bemerkung, daß die har¬<lb/>
ten Erd&#x017F;chichten &#x017F;olcher Verhältni&#x017F;&#x017F;e wodurch<lb/>
Lianens Lebensquelle dringen und &#x017F;ikern mü&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
die&#x017F;e reiner und heller machen, &#x017F;o wie alle harte<lb/>
Schichten Filtrir&#x017F;teine des Wa&#x017F;&#x017F;ers &#x017F;ind &#x2014; und<lb/>
alle ihre Reize werden zwar durch ihren Vater<lb/>
Quaalen, aber auch alle ihre Quaalen durch<lb/>
ihr Dulden Reize. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Aber, guter Ze&#x017F;ara! wenn du nun das<lb/>
alles täglich hören mußt, &#x2014; und wenn der<lb/>
Exerzitienmei&#x017F;ter ohnehin nicht zu &#x017F;childern ver¬<lb/>
gi&#x017F;&#x017F;et, wie &#x017F;ie ihn nie mit einer ungehor&#x017F;amen<lb/>
Mine, oder einer Zögerung gekränkt, wie froh<lb/>
&#x017F;ie ihm die papiernen Stundenmarken und am<lb/>
Ende das Schulgeld oder eine Einladung ge¬<lb/>
bracht &#x2014; und wie be&#x017F;orgt und mild und höf¬<lb/>
lich &#x017F;ie gegen ihre Diener&#x017F;chaft gewe&#x017F;en und<lb/>
wie man hätte denken &#x017F;ollen, ihr Herz könne<lb/>
nicht wärmer werden, als &#x017F;chon die Men&#x017F;chen¬<lb/>
liebe es mache, hätte man nicht ihre noch hei¬<lb/>
ßere Tochterliebe gegen die Mutter ge&#x017F;ehn &#x2014;<lb/>
&#x2014; guter Ze&#x017F;ara, &#x017F;ag' ich, wenn du das alles<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0232] macht hier zu ſeiner Ehre — in Betracht, daß er ein Legazionsrath und Lehnprobſt iſt — die ganz andere, gefühlvollere Bemerkung, daß die har¬ ten Erdſchichten ſolcher Verhältniſſe wodurch Lianens Lebensquelle dringen und ſikern müſſe, dieſe reiner und heller machen, ſo wie alle harte Schichten Filtrirſteine des Waſſers ſind — und alle ihre Reize werden zwar durch ihren Vater Quaalen, aber auch alle ihre Quaalen durch ihr Dulden Reize. — — Aber, guter Zeſara! wenn du nun das alles täglich hören mußt, — und wenn der Exerzitienmeiſter ohnehin nicht zu ſchildern ver¬ giſſet, wie ſie ihn nie mit einer ungehorſamen Mine, oder einer Zögerung gekränkt, wie froh ſie ihm die papiernen Stundenmarken und am Ende das Schulgeld oder eine Einladung ge¬ bracht — und wie beſorgt und mild und höf¬ lich ſie gegen ihre Dienerſchaft geweſen und wie man hätte denken ſollen, ihr Herz könne nicht wärmer werden, als ſchon die Menſchen¬ liebe es mache, hätte man nicht ihre noch hei¬ ßere Tochterliebe gegen die Mutter geſehn — — guter Zeſara, ſag' ich, wenn du das alles

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/232
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/232>, abgerufen am 27.11.2024.