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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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eine Weltdame von ihrer Äffin abzutrennen,
welches jetzt viele, die ihren Büffon auswendig
können, in keiner größern Nähe sich getrauen
wollen als in einer zu großen --

Ähnliche biographische Denunzianten und
Familiaren unterhalt' ich in mehrern deutschen
Städten -- mein H. Vater bezahlts -- in den
meisten einen, aber in Leipzig zwei, in Dres¬
den drei, in Berlin sechse, in Wien eben soviel
in jedem Stadtviertel. Maschinen solcher Art,
die den Perspektiven so sehr gleichen, womit
man aus seinem Bette alles beschauen kann,
was unten auf der Gasse vorfällt, machen es
freilich einem Autor leicht, hinter seinem Din¬
tenfasse in dunkle verbauete Haushaltungen --
in einer 20 Meilen entfernten Winkelgasse ge¬
führt -- hell hinunter zu sehen. Daher kann
mir jede Woche der närrische Fall begegnen,
daß ein gesetzter stiller Mann, den niemand
kennt als sein Barbier und dessen Lebensweg
eine dunkle Sackgasse ist -- dem aber heimlich
einer meiner Gesandten und Spione mit einem
biographischen Hohlspiegel nachgeht, welcher des
Mannes Unterkleider und Schritte in meine, an

eine Weltdame von ihrer Äffin abzutrennen,
welches jetzt viele, die ihren Büffon auswendig
können, in keiner größern Nähe ſich getrauen
wollen als in einer zu großen —

Ähnliche biographiſche Denunzianten und
Familiaren unterhalt' ich in mehrern deutſchen
Städten — mein H. Vater bezahlts — in den
meiſten einen, aber in Leipzig zwei, in Dres¬
den drei, in Berlin ſechſe, in Wien eben ſoviel
in jedem Stadtviertel. Maſchinen ſolcher Art,
die den Perſpektiven ſo ſehr gleichen, womit
man aus ſeinem Bette alles beſchauen kann,
was unten auf der Gaſſe vorfällt, machen es
freilich einem Autor leicht, hinter ſeinem Din¬
tenfaſſe in dunkle verbauete Haushaltungen —
in einer 20 Meilen entfernten Winkelgaſſe ge¬
führt — hell hinunter zu ſehen. Daher kann
mir jede Woche der närriſche Fall begegnen,
daß ein geſetzter ſtiller Mann, den niemand
kennt als ſein Barbier und deſſen Lebensweg
eine dunkle Sackgaſſe iſt — dem aber heimlich
einer meiner Geſandten und Spione mit einem
biographiſchen Hohlſpiegel nachgeht, welcher des
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[109/0129] eine Weltdame von ihrer Äffin abzutrennen, welches jetzt viele, die ihren Büffon auswendig können, in keiner größern Nähe ſich getrauen wollen als in einer zu großen — Ähnliche biographiſche Denunzianten und Familiaren unterhalt' ich in mehrern deutſchen Städten — mein H. Vater bezahlts — in den meiſten einen, aber in Leipzig zwei, in Dres¬ den drei, in Berlin ſechſe, in Wien eben ſoviel in jedem Stadtviertel. Maſchinen ſolcher Art, die den Perſpektiven ſo ſehr gleichen, womit man aus ſeinem Bette alles beſchauen kann, was unten auf der Gaſſe vorfällt, machen es freilich einem Autor leicht, hinter ſeinem Din¬ tenfaſſe in dunkle verbauete Haushaltungen — in einer 20 Meilen entfernten Winkelgaſſe ge¬ führt — hell hinunter zu ſehen. Daher kann mir jede Woche der närriſche Fall begegnen, daß ein geſetzter ſtiller Mann, den niemand kennt als ſein Barbier und deſſen Lebensweg eine dunkle Sackgaſſe iſt — dem aber heimlich einer meiner Geſandten und Spione mit einem biographiſchen Hohlſpiegel nachgeht, welcher des Mannes Unterkleider und Schritte in meine, an

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/129>, abgerufen am 22.11.2024.