tenwurf ihre Waden vorzeigen, -- welches sie in Paris thun, um sehen zu lassen, daß sie nicht unter die Herren gehören, die bekanntlich auf Steckenbeinen gehen -- diese wird (denn auf eine einzige Dame kommt es an) morgen oder übermorgen gewißlich eingeführt. Doch ahmen die Flachsenfingerinnen diese Mode aus dem ganz andern Grunde nach -- denn uns Herren fehlet nichts --, weil sie zu beweisen wünschen, daß sie Menschen und keine Affen (geschweige weniger) sind, da nach Camper und andern nur der Mensch allein Waden an¬ hat. -- Derselbe Beweis wurde vor einem Jahrzehend, nur mit höhern Gründen geführt. Denn da nach Haller sich der Mensch in nichts von einem Affen trennt, als durch den Besitz eines Steisses: so suchten damals die weiblichen Kronbeamten, die Putzjungfern, an ihren Gebieterinnen diesen Geschlechtskarakter, der sie unterscheidet, durch Kunst -- durch den sogenannten cul de Paris -- so sehr als mög¬ lich zu vergrößern, und bei einer solchen Pe¬ nultima der Ultima war es damals schon auf 200 Schritte weit ein Spaß und ein Spiel.
tenwurf ihre Waden vorzeigen, — welches ſie in Paris thun, um ſehen zu laſſen, daß ſie nicht unter die Herren gehören, die bekanntlich auf Steckenbeinen gehen — dieſe wird (denn auf eine einzige Dame kommt es an) morgen oder übermorgen gewißlich eingeführt. Doch ahmen die Flachſenfingerinnen dieſe Mode aus dem ganz andern Grunde nach — denn uns Herren fehlet nichts —, weil ſie zu beweiſen wünſchen, daß ſie Menſchen und keine Affen (geſchweige weniger) ſind, da nach Camper und andern nur der Menſch allein Waden an¬ hat. — Derſelbe Beweis wurde vor einem Jahrzehend, nur mit höhern Gründen geführt. Denn da nach Haller ſich der Menſch in nichts von einem Affen trennt, als durch den Beſitz eines Steiſſes: ſo ſuchten damals die weiblichen Kronbeamten, die Putzjungfern, an ihren Gebieterinnen dieſen Geſchlechtskarakter, der ſie unterſcheidet, durch Kunſt — durch den ſogenannten cul de Paris — ſo ſehr als mög¬ lich zu vergrößern, und bei einer ſolchen Pe¬ nultima der Ultima war es damals ſchon auf 200 Schritte weit ein Spaß und ein Spiel.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0128"n="108"/>
tenwurf ihre Waden vorzeigen, — welches ſie<lb/>
in Paris thun, um ſehen zu laſſen, daß ſie<lb/>
nicht unter die Herren gehören, die bekanntlich<lb/>
auf Steckenbeinen gehen — dieſe wird (denn<lb/>
auf eine einzige Dame <choice><sic>kömmt</sic><corrtype="corrigenda">kommt</corr></choice> es an) morgen<lb/>
oder übermorgen gewißlich eingeführt. Doch<lb/>
ahmen die Flachſenfingerinnen dieſe Mode aus<lb/>
dem ganz andern Grunde nach — denn uns<lb/>
Herren fehlet nichts —, weil ſie zu beweiſen<lb/>
wünſchen, daß ſie Menſchen und keine Affen<lb/>
(geſchweige weniger) ſind, da nach <hirendition="#g">Camper</hi><lb/>
und andern nur der Menſch allein Waden an¬<lb/>
hat. — Derſelbe Beweis wurde vor einem<lb/>
Jahrzehend, nur mit höhern Gründen geführt.<lb/>
Denn da nach <hirendition="#g">Haller</hi>ſich der Menſch in<lb/>
nichts von einem Affen trennt, als durch den<lb/>
Beſitz eines Steiſſes: ſo ſuchten damals die<lb/>
weiblichen Kronbeamten, die Putzjungfern, an<lb/>
ihren Gebieterinnen dieſen Geſchlechtskarakter,<lb/>
der ſie unterſcheidet, durch Kunſt — durch den<lb/>ſogenannten <hirendition="#aq">cul de Paris</hi>—ſo ſehr als mög¬<lb/>
lich zu vergrößern, und bei einer ſolchen Pe¬<lb/>
nultima der Ultima war es damals ſchon auf<lb/>
200 Schritte weit ein Spaß und ein Spiel.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[108/0128]
tenwurf ihre Waden vorzeigen, — welches ſie
in Paris thun, um ſehen zu laſſen, daß ſie
nicht unter die Herren gehören, die bekanntlich
auf Steckenbeinen gehen — dieſe wird (denn
auf eine einzige Dame kommt es an) morgen
oder übermorgen gewißlich eingeführt. Doch
ahmen die Flachſenfingerinnen dieſe Mode aus
dem ganz andern Grunde nach — denn uns
Herren fehlet nichts —, weil ſie zu beweiſen
wünſchen, daß ſie Menſchen und keine Affen
(geſchweige weniger) ſind, da nach Camper
und andern nur der Menſch allein Waden an¬
hat. — Derſelbe Beweis wurde vor einem
Jahrzehend, nur mit höhern Gründen geführt.
Denn da nach Haller ſich der Menſch in
nichts von einem Affen trennt, als durch den
Beſitz eines Steiſſes: ſo ſuchten damals die
weiblichen Kronbeamten, die Putzjungfern, an
ihren Gebieterinnen dieſen Geſchlechtskarakter,
der ſie unterſcheidet, durch Kunſt — durch den
ſogenannten cul de Paris — ſo ſehr als mög¬
lich zu vergrößern, und bei einer ſolchen Pe¬
nultima der Ultima war es damals ſchon auf
200 Schritte weit ein Spaß und ein Spiel.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/128>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.