an einem bekannten ansehnlichen Hofe unweit Hohenflies, welches eben der obgedachte Herr Lehnprobst von Hafenreffer ist. Letzterem hat sogar mein H. Vater ein vollständiges Silber¬ service vorgestreckt, das wir ihm lassen bis er den Rappel erhält, weil es unser eigner Vor¬ theil ist, wenn ein Flachsenfingischer Bothschaf¬ ter dem Flachsenfingischen Fürstenhute oder Krönlein auswärts durch Aufwand mehr Ehre macht als gewöhnliche.
Auf einem solchen Posten wie meinem steht man nun nicht zum Spaße da; die ganze Lega¬ zions- Schreibe- und Lesegesellschaft kouvertirt und schreibt an mich, die chiffre banal und die chif¬ fre dechiffrant ist in meinen Händen und wie es scheint, versteh' ich den Rummel. Unsäglich ists, was ich erfahre -- es wäre nicht zu lesen von Menschen, noch zu ziehen von Pferden, wollt' ich allen den Seidenwurmsaamen von Nouvellen biographisch ausbrüten, groß füttern und abhaspeln, den mir das Gesandten- Corpo posttäglich in festen Düten schickt. Ja (in einer andern Metapher) das biographische Bauholz, das meine Flößinspekzion für mich bald in die
an einem bekannten anſehnlichen Hofe unweit Hohenflies, welches eben der obgedachte Herr Lehnprobſt von Hafenreffer iſt. Letzterem hat ſogar mein H. Vater ein vollſtändiges Silber¬ ſervice vorgeſtreckt, das wir ihm laſſen bis er den Rappel erhält, weil es unſer eigner Vor¬ theil iſt, wenn ein Flachſenfingiſcher Bothſchaf¬ ter dem Flachſenfingiſchen Fürſtenhute oder Krönlein auswärts durch Aufwand mehr Ehre macht als gewöhnliche.
Auf einem ſolchen Poſten wie meinem ſteht man nun nicht zum Spaße da; die ganze Lega¬ zions- Schreibe- und Leſegeſellſchaft kouvertirt und ſchreibt an mich, die chiffre banal und die chif¬ fre déchiffrant iſt in meinen Händen und wie es ſcheint, verſteh' ich den Rummel. Unſäglich iſts, was ich erfahre — es wäre nicht zu leſen von Menſchen, noch zu ziehen von Pferden, wollt' ich allen den Seidenwurmſaamen von Nouvellen biographiſch ausbrüten, groß füttern und abhaſpeln, den mir das Geſandten- Corpo poſttäglich in feſten Düten ſchickt. Ja (in einer andern Metapher) das biographiſche Bauholz, das meine Flößinſpekzion für mich bald in die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0123"n="103"/>
an einem bekannten anſehnlichen Hofe unweit<lb/>
Hohenflies, welches eben der obgedachte Herr<lb/>
Lehnprobſt von Hafenreffer iſt. Letzterem hat<lb/>ſogar mein H. Vater ein vollſtändiges Silber¬<lb/>ſervice vorgeſtreckt, das wir ihm laſſen bis er<lb/>
den Rappel erhält, weil es unſer eigner Vor¬<lb/>
theil iſt, wenn ein Flachſenfingiſcher Bothſchaf¬<lb/>
ter dem Flachſenfingiſchen Fürſtenhute oder<lb/>
Krönlein auswärts durch Aufwand mehr Ehre<lb/>
macht als gewöhnliche.</p><lb/><p>Auf einem ſolchen Poſten wie meinem ſteht<lb/>
man nun nicht zum Spaße da; die ganze Lega¬<lb/>
zions- Schreibe- und Leſegeſellſchaft kouvertirt und<lb/>ſchreibt an mich, die <hirendition="#aq">chiffre banal</hi> und die <hirendition="#aq">chif¬<lb/>
fre déchiffrant</hi> iſt in meinen Händen und wie<lb/>
es ſcheint, verſteh' ich den Rummel. Unſäglich<lb/>
iſts, was ich erfahre — es wäre nicht zu leſen<lb/>
von Menſchen, noch zu ziehen von Pferden,<lb/>
wollt' ich allen den Seidenwurmſaamen von<lb/>
Nouvellen biographiſch ausbrüten, groß füttern<lb/>
und abhaſpeln, den mir das Geſandten- <hirendition="#aq">Corpo</hi><lb/>
poſttäglich in feſten Düten ſchickt. Ja (in einer<lb/>
andern Metapher) das biographiſche Bauholz,<lb/>
das meine Flößinſpekzion für mich bald in die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[103/0123]
an einem bekannten anſehnlichen Hofe unweit
Hohenflies, welches eben der obgedachte Herr
Lehnprobſt von Hafenreffer iſt. Letzterem hat
ſogar mein H. Vater ein vollſtändiges Silber¬
ſervice vorgeſtreckt, das wir ihm laſſen bis er
den Rappel erhält, weil es unſer eigner Vor¬
theil iſt, wenn ein Flachſenfingiſcher Bothſchaf¬
ter dem Flachſenfingiſchen Fürſtenhute oder
Krönlein auswärts durch Aufwand mehr Ehre
macht als gewöhnliche.
Auf einem ſolchen Poſten wie meinem ſteht
man nun nicht zum Spaße da; die ganze Lega¬
zions- Schreibe- und Leſegeſellſchaft kouvertirt und
ſchreibt an mich, die chiffre banal und die chif¬
fre déchiffrant iſt in meinen Händen und wie
es ſcheint, verſteh' ich den Rummel. Unſäglich
iſts, was ich erfahre — es wäre nicht zu leſen
von Menſchen, noch zu ziehen von Pferden,
wollt' ich allen den Seidenwurmſaamen von
Nouvellen biographiſch ausbrüten, groß füttern
und abhaſpeln, den mir das Geſandten- Corpo
poſttäglich in feſten Düten ſchickt. Ja (in einer
andern Metapher) das biographiſche Bauholz,
das meine Flößinſpekzion für mich bald in die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/123>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.