"verlassen? -- Und du auch, Dian! -- O trö¬ "stet mich wenn ihr mich hört!" -- Dian warf ihm Küsse zu und Gaspard legte die Hand auf das sieche Herz. Albano dachte an die Kopistin des Todes, an die Starrsucht, und hätte gern den verletzten Arm über die Wellen gehalten und das warme Leben als eine Libazion für den Vater vergossen; und rief nach: lebt wohl, lebt wohl! -- Schmachtend drückt' er die kal¬ ten steinernen Glieder einer kolossalischen Sta¬ tue an seine brennenden Adern an und Thrä¬ nen der vergeblichen Sehnsucht überquollen sein schönes Angesicht, während die warmen Töne der welschen Nachtigallen, die von dem Ufer und der Insel gegeneinanderschlugen, mit lin¬ den Vampyrenzungen das Herz wundsogen. -- -- Ach wenn du einmal geliebt wirst, glühen¬ der Jüngling, wie wirst du lieben! -- Er weckte, im Durste nach einer warmen sprechenden Seele, seinen Schoppe auf und zeigte ihm die Flucht. Aber indem dieser irgend etwas Tröstendes sagte, schauete Albano unverwandt dem grauen Punkte des Fahrzeugs nach und hörte nichts. --
„verlaſſen? — Und du auch, Dian! — O trö¬ „ſtet mich wenn ihr mich hört!“ — Dian warf ihm Küſſe zu und Gaſpard legte die Hand auf das ſieche Herz. Albano dachte an die Kopiſtin des Todes, an die Starrſucht, und hätte gern den verletzten Arm über die Wellen gehalten und das warme Leben als eine Libazion für den Vater vergoſſen; und rief nach: lebt wohl, lebt wohl! — Schmachtend drückt' er die kal¬ ten ſteinernen Glieder einer koloſſaliſchen Sta¬ tue an ſeine brennenden Adern an und Thrä¬ nen der vergeblichen Sehnſucht überquollen ſein ſchönes Angeſicht, während die warmen Töne der welſchen Nachtigallen, die von dem Ufer und der Inſel gegeneinanderſchlugen, mit lin¬ den Vampyrenzungen das Herz wundſogen. — — Ach wenn du einmal geliebt wirſt, glühen¬ der Jüngling, wie wirſt du lieben! — Er weckte, im Durſte nach einer warmen ſprechenden Seele, ſeinen Schoppe auf und zeigte ihm die Flucht. Aber indem dieſer irgend etwas Tröſtendes ſagte, ſchauete Albano unverwandt dem grauen Punkte des Fahrzeugs nach und hörte nichts. —
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„verlaſſen? — Und du auch, Dian! — O trö¬
„ſtet mich wenn ihr mich hört!“ — Dian warf
ihm Küſſe zu und Gaſpard legte die Hand auf
das ſieche Herz. Albano dachte an die Kopiſtin
des Todes, an die Starrſucht, und hätte gern
den verletzten Arm über die Wellen gehalten
und das warme Leben als eine Libazion für
den Vater vergoſſen; und rief nach: lebt wohl,
lebt wohl! — Schmachtend drückt' er die kal¬
ten ſteinernen Glieder einer koloſſaliſchen Sta¬
tue an ſeine brennenden Adern an und Thrä¬
nen der vergeblichen Sehnſucht überquollen ſein
ſchönes Angeſicht, während die warmen Töne
der welſchen Nachtigallen, die von dem Ufer
und der Inſel gegeneinanderſchlugen, mit lin¬
den Vampyrenzungen das Herz wundſogen. —
— Ach wenn du einmal geliebt wirſt, glühen¬
der Jüngling, wie wirſt du lieben! — Er weckte,
im Durſte nach einer warmen ſprechenden Seele,
ſeinen Schoppe auf und zeigte ihm die Flucht.
Aber indem dieſer irgend etwas Tröſtendes ſagte,
ſchauete Albano unverwandt dem grauen Punkte
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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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