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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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zu meinem Berge heran -- es verschlingt Sonnen,
erquetscht Erden, tritt einen Mond aus und ragt
hoch hinein in das Nichts -- das hohe weisse Ge¬
bein durchschneidet die Nacht, hält zwei Men¬
schen an den Händen, blickt mich an und sagt:
"ich bin der Tod -- ich habe an jeder Hand einen
"Freund von dir, aber sie sind unkenntlich."

Mein Mund lag auf die Erde gestürzt, mein
Herz schwamm im Gift des Todes -- aber ich hört'
ihn noch sterbend reden.

"Ich tödte dich jetzt auch, du hast meinen Na¬
"men oft genennt und ich habe dich gehört -- ich
"habe schon eine Ewigkeit zerbröckelt und greife in
"alle Welten hinein und erdrücke; ich steige aus
"den Sonnen in euren dumpfen, finstern Winkel
"nieder, wo der Menschen-Salpeter anschießet
"und streich' ihn ab. . . . Lebst du noch Sterbli¬
"cher?". . . .

Da zergieng mein verblutetes Herz in eine
Thräne über die Qualen des Menschen -- ich rich¬
tete mich gebrochen auf und schauete nicht auf dies
Skelet und auf das was es führte -- ich blickte auf
zu dem Sirius und rief mit der letzten Angst: ver¬
hüllter Vater, lässest du mich vernichten? sind

zu meinem Berge heran — es verſchlingt Sonnen,
erquetſcht Erden, tritt einen Mond aus und ragt
hoch hinein in das Nichts — das hohe weiſſe Ge¬
bein durchſchneidet die Nacht, haͤlt zwei Men¬
ſchen an den Haͤnden, blickt mich an und ſagt:
„ich bin der Tod — ich habe an jeder Hand einen
„Freund von dir, aber ſie ſind unkenntlich.“

Mein Mund lag auf die Erde geſtuͤrzt, mein
Herz ſchwamm im Gift des Todes — aber ich hoͤrt'
ihn noch ſterbend reden.

„Ich toͤdte dich jetzt auch, du haſt meinen Na¬
„men oft genennt und ich habe dich gehoͤrt — ich
„habe ſchon eine Ewigkeit zerbroͤckelt und greife in
„alle Welten hinein und erdruͤcke; ich ſteige aus
„den Sonnen in euren dumpfen, finſtern Winkel
„nieder, wo der Menſchen-Salpeter anſchießet
„und ſtreich' ihn ab. . . . Lebſt du noch Sterbli¬
„cher?“. . . .

Da zergieng mein verblutetes Herz in eine
Thraͤne uͤber die Qualen des Menſchen — ich rich¬
tete mich gebrochen auf und ſchauete nicht auf dies
Skelet und auf das was es fuͤhrte — ich blickte auf
zu dem Sirius und rief mit der letzten Angſt: ver¬
huͤllter Vater, laͤſſeſt du mich vernichten? ſind

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[455/0465] zu meinem Berge heran — es verſchlingt Sonnen, erquetſcht Erden, tritt einen Mond aus und ragt hoch hinein in das Nichts — das hohe weiſſe Ge¬ bein durchſchneidet die Nacht, haͤlt zwei Men¬ ſchen an den Haͤnden, blickt mich an und ſagt: „ich bin der Tod — ich habe an jeder Hand einen „Freund von dir, aber ſie ſind unkenntlich.“ Mein Mund lag auf die Erde geſtuͤrzt, mein Herz ſchwamm im Gift des Todes — aber ich hoͤrt' ihn noch ſterbend reden. „Ich toͤdte dich jetzt auch, du haſt meinen Na¬ „men oft genennt und ich habe dich gehoͤrt — ich „habe ſchon eine Ewigkeit zerbroͤckelt und greife in „alle Welten hinein und erdruͤcke; ich ſteige aus „den Sonnen in euren dumpfen, finſtern Winkel „nieder, wo der Menſchen-Salpeter anſchießet „und ſtreich' ihn ab. . . . Lebſt du noch Sterbli¬ „cher?“. . . . Da zergieng mein verblutetes Herz in eine Thraͤne uͤber die Qualen des Menſchen — ich rich¬ tete mich gebrochen auf und ſchauete nicht auf dies Skelet und auf das was es fuͤhrte — ich blickte auf zu dem Sirius und rief mit der letzten Angſt: ver¬ huͤllter Vater, laͤſſeſt du mich vernichten? ſind

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/465>, abgerufen am 25.11.2024.