Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.dieser Baumschule des denkenden Romanmachers: Einige Tage war die v. Bouse nicht zu spre¬ dieſer Baumſchule des denkenden Romanmachers: Einige Tage war die v. Bouſe nicht zu ſpre¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="30"/> dieſer Baumſchule des denkenden Romanmachers:<lb/> denn wenn (nach dem Syſtem der <choice><sic>Diſſemazion</sic><corr type="corrigenda">Diſſeminazion</corr></choice>) die<lb/><hi rendition="#g">Keime</hi> des wirklichen Menſchen neben dem Saa¬<lb/> menſtaub der Blumen in der <hi rendition="#g">Luft</hi> herumflattern<lb/> und aus ihr, als dem Repoſitorium der Nach¬<lb/> welt, von den Vaͤtern muͤſſen praͤcipitirt und ein¬<lb/> geſchluckt werden: ſo muͤſſen Autores noch viel¬<lb/> mehr die <hi rendition="#g">Zeichnungen</hi> von Menſchen aus der<lb/> Luft, wo alle epikuriſche <hi rendition="#g">Abblaͤtterungen</hi> wirk¬<lb/> licher Dinge fliegen, ſich holen und aufs Papier<lb/> ſchmieden, damit der Leſer nicht brumme.</p><lb/> <p>Einige Tage war die v. Bouſe nicht zu ſpre¬<lb/> chen, als das Original ſeine Kopie zu ihr tragen<lb/> wollte. Endlich ſchickte ſie nach beiden. Sein Ge¬<lb/> ſicht wurde dem gemalten ſehr unaͤhnlich, als ſein<lb/> Blick bei dem Eintritt auf ſeine phyſiognomiſche<lb/> Schweſter fiel, die mit der kleinen Bouſe am Kla¬<lb/> viere ſang, auf Beaten. Wir arme Teufel (die<lb/> wir nicht an Stammbaͤumen ſondern von Stamm¬<lb/> gebuͤſch herauswuchſen) werden von vier Waͤnden<lb/> ſo nahe an einander geruͤckt, daß wir uns <hi rendition="#g">warm</hi><lb/> machen; hingegen die veloutirten Waͤnde der Groſ¬<lb/> ſen halten ihre Inſaſſen ſo ſehr als Stadtmauern<lb/> auseinander und es iſt darin wie in Wirthszim¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0040]
dieſer Baumſchule des denkenden Romanmachers:
denn wenn (nach dem Syſtem der Diſſeminazion) die
Keime des wirklichen Menſchen neben dem Saa¬
menſtaub der Blumen in der Luft herumflattern
und aus ihr, als dem Repoſitorium der Nach¬
welt, von den Vaͤtern muͤſſen praͤcipitirt und ein¬
geſchluckt werden: ſo muͤſſen Autores noch viel¬
mehr die Zeichnungen von Menſchen aus der
Luft, wo alle epikuriſche Abblaͤtterungen wirk¬
licher Dinge fliegen, ſich holen und aufs Papier
ſchmieden, damit der Leſer nicht brumme.
Einige Tage war die v. Bouſe nicht zu ſpre¬
chen, als das Original ſeine Kopie zu ihr tragen
wollte. Endlich ſchickte ſie nach beiden. Sein Ge¬
ſicht wurde dem gemalten ſehr unaͤhnlich, als ſein
Blick bei dem Eintritt auf ſeine phyſiognomiſche
Schweſter fiel, die mit der kleinen Bouſe am Kla¬
viere ſang, auf Beaten. Wir arme Teufel (die
wir nicht an Stammbaͤumen ſondern von Stamm¬
gebuͤſch herauswuchſen) werden von vier Waͤnden
ſo nahe an einander geruͤckt, daß wir uns warm
machen; hingegen die veloutirten Waͤnde der Groſ¬
ſen halten ihre Inſaſſen ſo ſehr als Stadtmauern
auseinander und es iſt darin wie in Wirthszim¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/40>, abgerufen am 16.02.2025. |