Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.und einen Spaß, den er später auf der Kanzel Wir können's leicht bei seinen ältern Jahren und einen Spaß, den er ſpaͤter auf der Kanzel Wir koͤnnen's leicht bei ſeinen aͤltern Jahren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0382" n="372"/> und einen Spaß, den er ſpaͤter auf der Kanzel<lb/> trieb, da er auch Nachmittags den Kirchgaͤngern<lb/> die Poſtille an Pfarrers Statt vorlas, aber mit<lb/> ſo viel hineingeſpielten eignen Verlagsartikeln und<lb/> Fabrikaten, daß er dem Teufel Schaden that und<lb/> deſſen Diener ruͤhrte. „Juſtel ſagt' er nachher<lb/> um 4 Uhr zu ſeiner Frau, was weiſt du unten<lb/> in deinem Stuhl, wie praͤchtig es einem oben iſt,<lb/> zumal unter dem Kanzelliede.“</p><lb/> <p>Wir koͤnnen's leicht bei ſeinen aͤltern Jahren<lb/> erfragen, wie er in ſeinen Flegeljahren war. Im<lb/> December von jenen ließ er allemal das Licht eine<lb/> Stunde ſpaͤter bringen, weil er in dieſer Stunde<lb/> ſeine Kindheit — jeden Tag nahm er einen andern<lb/> Tag — rekapitulierte. Indem der Wind ſeine<lb/> Fenſter mit Schnee-Vorhaͤngen verfinſterte und in¬<lb/> dem ihn aus den Ofen-Fugen das Feuer anblinkte:<lb/> ſo druͤckte er die Augen zu und ließ auf die gefror¬<lb/> nen Wieſen den laͤngſt vermoderten Fruͤhling nie¬<lb/> derthauen; da bauete er ſich mit der Schweſter<lb/> in den Heuſchober ein und fuhr auf dem architek¬<lb/> toriſch gewoͤlbten Heu-Gebuͤrge des Wagens heim<lb/> und rieth droben mit geſchloſſenen Augen wo ſie<lb/> wohl nun fahren. In der Abendkuͤhle unter dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0382]
und einen Spaß, den er ſpaͤter auf der Kanzel
trieb, da er auch Nachmittags den Kirchgaͤngern
die Poſtille an Pfarrers Statt vorlas, aber mit
ſo viel hineingeſpielten eignen Verlagsartikeln und
Fabrikaten, daß er dem Teufel Schaden that und
deſſen Diener ruͤhrte. „Juſtel ſagt' er nachher
um 4 Uhr zu ſeiner Frau, was weiſt du unten
in deinem Stuhl, wie praͤchtig es einem oben iſt,
zumal unter dem Kanzelliede.“
Wir koͤnnen's leicht bei ſeinen aͤltern Jahren
erfragen, wie er in ſeinen Flegeljahren war. Im
December von jenen ließ er allemal das Licht eine
Stunde ſpaͤter bringen, weil er in dieſer Stunde
ſeine Kindheit — jeden Tag nahm er einen andern
Tag — rekapitulierte. Indem der Wind ſeine
Fenſter mit Schnee-Vorhaͤngen verfinſterte und in¬
dem ihn aus den Ofen-Fugen das Feuer anblinkte:
ſo druͤckte er die Augen zu und ließ auf die gefror¬
nen Wieſen den laͤngſt vermoderten Fruͤhling nie¬
derthauen; da bauete er ſich mit der Schweſter
in den Heuſchober ein und fuhr auf dem architek¬
toriſch gewoͤlbten Heu-Gebuͤrge des Wagens heim
und rieth droben mit geſchloſſenen Augen wo ſie
wohl nun fahren. In der Abendkuͤhle unter dem
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/382>, abgerufen am 16.02.2025. |