kein Abschied -- ich hasse dich bis ins Grab hinein, wenn du etwas im Sinne hast -- umarme mich nicht." -- Er hatt' es schon gethan; sein ganzes Wesen war ein schlagendes Herz; er wollte in der Empfindung der Freundschaft vergehen; er preßte seine Brust an meine, und seine Seele an meine: "ich umarme dich (sagt, er) auf der Erde -- in welche Welt auch der Tod mich werfe: ich vergesse deiner nicht; ich werde dort nach der Erde sehen und meine Arme ausbreiten nach dem irdischen Freunde und nichts soll meine Arme füllen als die getreue, die belastete Brust derer, die mit mir hier gelit¬ ten[,] die mit mir hier die Erde getragen haben. . . . Sieh! du weinst und wolltest mich doch nicht um¬ armen! o Geliebter! -- an dir fühl' ich die Ei¬ telkeit der Erde nicht -- -- du wirst ja auch ster¬ ben! . . . Großes Wesen über der Erde." . . . -- Hier riß er sich von mir und stürzte auf seine Knie und betete. "Zerstör' mich nicht, bestraf' mich nicht! -- ich gehe weg von dieser Erde, du weist wo der Mensch ankömmt, du weist, was das Er¬ denleben und das Erdenthun ist -- aber o Gott, der Mensch hat ein zweites Herz, eine zweite Seele, seinen Freund! gieb mir den Freund wieder mit mei¬
kein Abſchied — ich haſſe dich bis ins Grab hinein, wenn du etwas im Sinne haſt — umarme mich nicht.“ — Er hatt' es ſchon gethan; ſein ganzes Weſen war ein ſchlagendes Herz; er wollte in der Empfindung der Freundſchaft vergehen; er preßte ſeine Bruſt an meine, und ſeine Seele an meine: “ich umarme dich (ſagt, er) auf der Erde — in welche Welt auch der Tod mich werfe: ich vergeſſe deiner nicht; ich werde dort nach der Erde ſehen und meine Arme ausbreiten nach dem irdiſchen Freunde und nichts ſoll meine Arme fuͤllen als die getreue, die belaſtete Bruſt derer, die mit mir hier gelit¬ ten[,] die mit mir hier die Erde getragen haben. . . . Sieh! du weinſt und wollteſt mich doch nicht um¬ armen! o Geliebter! — an dir fuͤhl' ich die Ei¬ telkeit der Erde nicht — — du wirſt ja auch ſter¬ ben! . . . Großes Weſen uͤber der Erde.“ . . . — Hier riß er ſich von mir und ſtuͤrzte auf ſeine Knie und betete. „Zerſtoͤr' mich nicht, beſtraf' mich nicht! — ich gehe weg von dieſer Erde, du weiſt wo der Menſch ankoͤmmt, du weiſt, was das Er¬ denleben und das Erdenthun iſt — aber o Gott, der Menſch hat ein zweites Herz, eine zweite Seele, ſeinen Freund! gieb mir den Freund wieder mit mei¬
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kein Abſchied — ich haſſe dich bis ins Grab hinein,
wenn du etwas im Sinne haſt — umarme mich
nicht.“ — Er hatt' es ſchon gethan; ſein ganzes
Weſen war ein ſchlagendes Herz; er wollte in der
Empfindung der Freundſchaft vergehen; er preßte
ſeine Bruſt an meine, und ſeine Seele an meine: “ich
umarme dich (ſagt, er) auf der Erde — in welche
Welt auch der Tod mich werfe: ich vergeſſe deiner
nicht; ich werde dort nach der Erde ſehen und
meine Arme ausbreiten nach dem irdiſchen Freunde
und nichts ſoll meine Arme fuͤllen als die getreue,
die belaſtete Bruſt derer, die mit mir hier gelit¬
ten, die mit mir hier die Erde getragen haben. . . .
Sieh! du weinſt und wollteſt mich doch nicht um¬
armen! o Geliebter! — an dir fuͤhl' ich die Ei¬
telkeit der Erde nicht — — du wirſt ja auch ſter¬
ben! . . . Großes Weſen uͤber der Erde.“ . . . —
Hier riß er ſich von mir und ſtuͤrzte auf ſeine Knie
und betete. „Zerſtoͤr' mich nicht, beſtraf' mich
nicht! — ich gehe weg von dieſer Erde, du weiſt
wo der Menſch ankoͤmmt, du weiſt, was das Er¬
denleben und das Erdenthun iſt — aber o Gott,
der Menſch hat ein zweites Herz, eine zweite Seele,
ſeinen Freund! gieb mir den Freund wieder mit mei¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/377>, abgerufen am 25.11.2024.
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