der Erde, -- Ach Engel der Thränen und der Ge¬ duld! Du kennst das Auge und das Herz, das sich für ihn ergiesset, du wirst seine Seele vor sie bringen, wie man Blumen in den Sommerregen stellet! Aber thu' es nicht, wenn es ihn zu trau¬ rig macht! O Engel der Geduld! ich liebe dich, ich kenne dich! ich werde in deinen Armen sterben!
Engel der Freundschaft! -- vielleicht bist du der vorige Engel? . . . . ach! . . . . Dein bimm¬ lischer Flügel hülle sein Herz ein und wärm' es schöner als die Menschen können -- ach, du wür¬ dest auf einer andern Erde und ich auf dieser wei¬ nen, wenn an einem kalten Herzen sein heisses, wie am gefrierenden Eisen die warme Hand, an¬ klebte und blutig abrisse? . . . . o bedeck' ihn; aber wenn du es nicht kannst, so sag' mir seinen Jam¬ mer nicht!
O ihr immer Glücklichen in andern Welten! euch stirbt nichts, ihr verliert nichts und habt al¬ les! -- was ihr liebt, drückt ihr an eine ewige Brust, was ihr habt, haltet ihr in ewigen Hän¬ den. -- Könnt ihrs denn fühlen in euren glän¬ zenden Höhen droben, in eurem ewigen Seelen¬ kunde, daß die Menschen hienieden getrennt wer¬
der Erde, — Ach Engel der Thraͤnen und der Ge¬ duld! Du kennſt das Auge und das Herz, das ſich fuͤr ihn ergieſſet, du wirſt ſeine Seele vor ſie bringen, wie man Blumen in den Sommerregen ſtellet! Aber thu' es nicht, wenn es ihn zu trau¬ rig macht! O Engel der Geduld! ich liebe dich, ich kenne dich! ich werde in deinen Armen ſterben!
Engel der Freundſchaft! — vielleicht biſt du der vorige Engel? . . . . ach! . . . . Dein bimm¬ liſcher Fluͤgel huͤlle ſein Herz ein und waͤrm' es ſchoͤner als die Menſchen koͤnnen — ach, du wuͤr¬ deſt auf einer andern Erde und ich auf dieſer wei¬ nen, wenn an einem kalten Herzen ſein heiſſes, wie am gefrierenden Eiſen die warme Hand, an¬ klebte und blutig abriſſe? . . . . o bedeck' ihn; aber wenn du es nicht kannſt, ſo ſag' mir ſeinen Jam¬ mer nicht!
O ihr immer Gluͤcklichen in andern Welten! euch ſtirbt nichts, ihr verliert nichts und habt al¬ les! — was ihr liebt, druͤckt ihr an eine ewige Bruſt, was ihr habt, haltet ihr in ewigen Haͤn¬ den. — Koͤnnt ihrs denn fuͤhlen in euren glaͤn¬ zenden Hoͤhen droben, in eurem ewigen Seelen¬ kunde, daß die Menſchen hienieden getrennt wer¬
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der Erde, — Ach Engel der Thraͤnen und der Ge¬
duld! Du kennſt das Auge und das Herz, das
ſich fuͤr ihn ergieſſet, du wirſt ſeine Seele vor ſie
bringen, wie man Blumen in den Sommerregen
ſtellet! Aber thu' es nicht, wenn es ihn zu trau¬
rig macht! O Engel der Geduld! ich liebe dich,
ich kenne dich! ich werde in deinen Armen ſterben!
Engel der Freundſchaft! — vielleicht biſt
du der vorige Engel? . . . . ach! . . . . Dein bimm¬
liſcher Fluͤgel huͤlle ſein Herz ein und waͤrm' es
ſchoͤner als die Menſchen koͤnnen — ach, du wuͤr¬
deſt auf einer andern Erde und ich auf dieſer wei¬
nen, wenn an einem kalten Herzen ſein heiſſes,
wie am gefrierenden Eiſen die warme Hand, an¬
klebte und blutig abriſſe? . . . . o bedeck' ihn; aber
wenn du es nicht kannſt, ſo ſag' mir ſeinen Jam¬
mer nicht!
O ihr immer Gluͤcklichen in andern Welten!
euch ſtirbt nichts, ihr verliert nichts und habt al¬
les! — was ihr liebt, druͤckt ihr an eine ewige
Bruſt, was ihr habt, haltet ihr in ewigen Haͤn¬
den. — Koͤnnt ihrs denn fuͤhlen in euren glaͤn¬
zenden Hoͤhen droben, in eurem ewigen Seelen¬
kunde, daß die Menſchen hienieden getrennt wer¬
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/368>, abgerufen am 22.11.2024.
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