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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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gerade zu um eine Abzeichnung des ganzen Parks
für ihren Bruder in Sachsen an. Ich nenne das
Bitte, was sie eigentlich allemal im scherzhaften
Tone einer Kabinetsordre, an Männer komponirte
-- und man konnte ihren erotischen Ukasen nichts
entgegen setzen als wieder Ukasen.

Eine Frau trage dir nur einmal ein Geschäft
auf: so bist du mit Leib und Seele ihr; alle deine
sauern Tritte, alle deine Mühwaltungen für sie le¬
gen sich an ihrem Bilde, das du an die Beinwände
deines Kopfes ausgebreitet, als Reize an. Eine
retten -- rächen -- lehren -- schützen ist fast nicht
viel besser (bloß ein wenig) als sie schon lieben. Gu¬
stav hörte nie eine willkommnere Bitte. Den Park
riß er in kurzem ab und er konnte den Vormittag
kaum erwarten, an dem er ihn überreichen durfte.
Wir wissen alle, was er in der Residentin Zimmer
noch außer der Residentin zu erblicken suchte -- aber
alles was er außer ihr da fand, war die kleine Elevin
(Laura) der abwesenden Beata, am Silbermanni¬
schen Klavier:

Die Residentin heftete einen langen Blick in die
Zeichnung. "Haben sie (sagte sie) Stücke von unse¬
rem Hofmahler gesehen? sie sollten sein Schüler wer¬

gerade zu um eine Abzeichnung des ganzen Parks
fuͤr ihren Bruder in Sachſen an. Ich nenne das
Bitte, was ſie eigentlich allemal im ſcherzhaften
Tone einer Kabinetsordre, an Maͤnner komponirte
— und man konnte ihren erotiſchen Ukaſen nichts
entgegen ſetzen als wieder Ukaſen.

Eine Frau trage dir nur einmal ein Geſchaͤft
auf: ſo biſt du mit Leib und Seele ihr; alle deine
ſauern Tritte, alle deine Muͤhwaltungen fuͤr ſie le¬
gen ſich an ihrem Bilde, das du an die Beinwaͤnde
deines Kopfes ausgebreitet, als Reize an. Eine
retten — raͤchen — lehren — ſchuͤtzen iſt faſt nicht
viel beſſer (bloß ein wenig) als ſie ſchon lieben. Gu¬
ſtav hoͤrte nie eine willkommnere Bitte. Den Park
riß er in kurzem ab und er konnte den Vormittag
kaum erwarten, an dem er ihn uͤberreichen durfte.
Wir wiſſen alle, was er in der Reſidentin Zimmer
noch außer der Reſidentin zu erblicken ſuchte — aber
alles was er außer ihr da fand, war die kleine Elevin
(Laura) der abweſenden Beata, am Silbermanni¬
ſchen Klavier:

Die Reſidentin heftete einen langen Blick in die
Zeichnung. „Haben ſie (ſagte ſie) Stuͤcke von unſe¬
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[26/0036] gerade zu um eine Abzeichnung des ganzen Parks fuͤr ihren Bruder in Sachſen an. Ich nenne das Bitte, was ſie eigentlich allemal im ſcherzhaften Tone einer Kabinetsordre, an Maͤnner komponirte — und man konnte ihren erotiſchen Ukaſen nichts entgegen ſetzen als wieder Ukaſen. Eine Frau trage dir nur einmal ein Geſchaͤft auf: ſo biſt du mit Leib und Seele ihr; alle deine ſauern Tritte, alle deine Muͤhwaltungen fuͤr ſie le¬ gen ſich an ihrem Bilde, das du an die Beinwaͤnde deines Kopfes ausgebreitet, als Reize an. Eine retten — raͤchen — lehren — ſchuͤtzen iſt faſt nicht viel beſſer (bloß ein wenig) als ſie ſchon lieben. Gu¬ ſtav hoͤrte nie eine willkommnere Bitte. Den Park riß er in kurzem ab und er konnte den Vormittag kaum erwarten, an dem er ihn uͤberreichen durfte. Wir wiſſen alle, was er in der Reſidentin Zimmer noch außer der Reſidentin zu erblicken ſuchte — aber alles was er außer ihr da fand, war die kleine Elevin (Laura) der abweſenden Beata, am Silbermanni¬ ſchen Klavier: Die Reſidentin heftete einen langen Blick in die Zeichnung. „Haben ſie (ſagte ſie) Stuͤcke von unſe¬ rem Hofmahler geſehen? ſie ſollten ſein Schuͤler wer¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/36>, abgerufen am 24.11.2024.