Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.Luftzug den ganzen Schauplatz durchstriche -- wie Gustav spielt jezt sanfter, und seine Töne hal¬ Als jezt die Mühle der Schöpfung mit allen Luftzug den ganzen Schauplatz durchſtriche — wie Guſtav ſpielt jezt ſanfter, und ſeine Toͤne hal¬ Als jezt die Muͤhle der Schoͤpfung mit allen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0309" n="299"/> Luftzug den ganzen Schauplatz durchſtriche — wie<lb/> jede Kehle die andre weckte und ſie in die Luͤfte und<lb/> Hoͤhen zog, um mit trunkner Bruſt der ſteigenden<lb/> vertieften Sonne entgegen zu fliegen und entgegen<lb/> zu ſingen — wie der bewegliche Himmel tauſend Far¬<lb/> ben rieb und verſchmolz und den Faltenwurf ſeiner<lb/> Wolken verſuchte und kolorirte . . . . . So weit war<lb/> der Morgen, als wir noch im thauenden Thale gien¬<lb/> gen. Aber als wir aus ſeiner oͤſtlichen Pforte hin¬<lb/> austraten in eine unabſehliche mit wachſenden Guir¬<lb/> landen und regem Laubwerk muſiviſch ausgelegte<lb/> Aue, deren ſanfte Wellenlinie in Tiefen fiel und auf<lb/> Hoͤhen floß, um ihre Reize und Blumen auf und nieder<lb/> zu bewegen; als wir davor ſtanden: ſo erhob ſich<lb/> der Sturm der Wonne und des lebenden Tages und<lb/> der Oſtwind gieng neben ihm und die große Sonne<lb/> ſtand und ſchlug wie ein Herz am Himmel und trieb<lb/> alle Stroͤme und Tropfen des Lebens um ſich her¬<lb/> um. — —</p><lb/> <p>Guſtav ſpielt jezt ſanfter, und ſeine Toͤne hal¬<lb/> ten meinen noch immer leicht in hypochondriſche<lb/> Heftigkeit uͤbergehenden Athem auf. —</p><lb/> <p>Als jezt die Muͤhle der Schoͤpfung mit allen<lb/> Raͤdern und Stroͤmen rauſchte und ſtuͤrmte: woll¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0309]
Luftzug den ganzen Schauplatz durchſtriche — wie
jede Kehle die andre weckte und ſie in die Luͤfte und
Hoͤhen zog, um mit trunkner Bruſt der ſteigenden
vertieften Sonne entgegen zu fliegen und entgegen
zu ſingen — wie der bewegliche Himmel tauſend Far¬
ben rieb und verſchmolz und den Faltenwurf ſeiner
Wolken verſuchte und kolorirte . . . . . So weit war
der Morgen, als wir noch im thauenden Thale gien¬
gen. Aber als wir aus ſeiner oͤſtlichen Pforte hin¬
austraten in eine unabſehliche mit wachſenden Guir¬
landen und regem Laubwerk muſiviſch ausgelegte
Aue, deren ſanfte Wellenlinie in Tiefen fiel und auf
Hoͤhen floß, um ihre Reize und Blumen auf und nieder
zu bewegen; als wir davor ſtanden: ſo erhob ſich
der Sturm der Wonne und des lebenden Tages und
der Oſtwind gieng neben ihm und die große Sonne
ſtand und ſchlug wie ein Herz am Himmel und trieb
alle Stroͤme und Tropfen des Lebens um ſich her¬
um. — —
Guſtav ſpielt jezt ſanfter, und ſeine Toͤne hal¬
ten meinen noch immer leicht in hypochondriſche
Heftigkeit uͤbergehenden Athem auf. —
Als jezt die Muͤhle der Schoͤpfung mit allen
Raͤdern und Stroͤmen rauſchte und ſtuͤrmte: woll¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/309>, abgerufen am 23.07.2024. |