rem Kummer die Erfrischungen des Zornes bei, in¬ dem er immer kam und im schönsten gebrochnen eingeschleierten Auge der verlohrnen Liebe seine auf¬ suchte und herausforderte. Jezt trinkt sie, auf Fenks Treiben, den Brunnen in Lilienbad und lebt allein mit einem Kammermädgen -- -- der Mai hebe die gesenkte Blumen-Knospe deines Gei¬ stes empor, den dein Flockenleib, wie Blumen neu gefallner Schnee, umlegt und drückt und aus dessen aufgerissenen Blumen-Blättern die Schnee- Rinde erst unter der Frühlingssonne des entfern¬ ten zweiten Himmels rinnen wird! --
Ottomar hat den Winter verzankt und ver¬ stritten; hat viele Korrespondenz; advoziert wie ich, aber gegen jeden giftigen Stammbaum und Hundsstern auf dem Rock, am meisten gegen den Fürstenhut seines Bruders, der damit Unter¬ thanen wie Schmetterlinge erwirft und fängt. Er glaubt, ein Advokat sei der einzige Volkstribun gegen die Regierung, nur sei das bisherige Lesen der Advokaten schlimmer gewesen als selbst das Buchstabieren, das der seel. Heinecke für schlim¬ mer ausschrie als Erbsünde und Pest. Ich möchte ihn fast für den Verfasser einer Satire über den
rem Kummer die Erfriſchungen des Zornes bei, in¬ dem er immer kam und im ſchoͤnſten gebrochnen eingeſchleierten Auge der verlohrnen Liebe ſeine auf¬ ſuchte und herausforderte. Jezt trinkt ſie, auf Fenks Treiben, den Brunnen in Lilienbad und lebt allein mit einem Kammermaͤdgen — — der Mai hebe die geſenkte Blumen-Knoſpe deines Gei¬ ſtes empor, den dein Flockenleib, wie Blumen neu gefallner Schnee, umlegt und druͤckt und aus deſſen aufgeriſſenen Blumen-Blaͤttern die Schnee- Rinde erſt unter der Fruͤhlingsſonne des entfern¬ ten zweiten Himmels rinnen wird! —
Ottomar hat den Winter verzankt und ver¬ ſtritten; hat viele Korreſpondenz; advoziert wie ich, aber gegen jeden giftigen Stammbaum und Hundsſtern auf dem Rock, am meiſten gegen den Fuͤrſtenhut ſeines Bruders, der damit Unter¬ thanen wie Schmetterlinge erwirft und faͤngt. Er glaubt, ein Advokat ſei der einzige Volkstribun gegen die Regierung, nur ſei das bisherige Leſen der Advokaten ſchlimmer geweſen als ſelbſt das Buchſtabieren, das der ſeel. Heinecke fuͤr ſchlim¬ mer ausſchrie als Erbſuͤnde und Peſt. Ich moͤchte ihn faſt fuͤr den Verfaſſer einer Satire uͤber den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0287"n="277"/>
rem Kummer die Erfriſchungen des Zornes bei, in¬<lb/>
dem er immer kam und im ſchoͤnſten gebrochnen<lb/>
eingeſchleierten Auge der verlohrnen Liebe ſeine auf¬<lb/>ſuchte und herausforderte. Jezt trinkt ſie, auf<lb/>
Fenks Treiben, den Brunnen in <hirendition="#g">Lilienbad</hi> und<lb/>
lebt allein mit einem Kammermaͤdgen —— der<lb/>
Mai hebe die geſenkte Blumen-Knoſpe deines Gei¬<lb/>ſtes empor, den dein Flockenleib, wie Blumen<lb/>
neu gefallner Schnee, umlegt und druͤckt und aus<lb/>
deſſen aufgeriſſenen Blumen-Blaͤttern die Schnee-<lb/>
Rinde erſt unter der Fruͤhlingsſonne des entfern¬<lb/>
ten zweiten Himmels rinnen wird! —</p><lb/><p>Ottomar hat den Winter verzankt und ver¬<lb/>ſtritten; hat viele Korreſpondenz; advoziert wie<lb/>
ich, aber gegen jeden giftigen Stammbaum und<lb/><hirendition="#g">Hundsſtern</hi> auf dem Rock, am meiſten gegen<lb/>
den Fuͤrſtenhut ſeines Bruders, der damit Unter¬<lb/>
thanen wie Schmetterlinge erwirft und faͤngt. Er<lb/>
glaubt, ein Advokat ſei der einzige Volkstribun<lb/>
gegen die Regierung, nur ſei das bisherige <hirendition="#g">Leſen</hi><lb/>
der Advokaten ſchlimmer geweſen als ſelbſt das<lb/><hirendition="#g">Buchſtabieren</hi>, das der ſeel. Heinecke fuͤr ſchlim¬<lb/>
mer ausſchrie als Erbſuͤnde und Peſt. Ich moͤchte<lb/>
ihn faſt fuͤr den Verfaſſer einer Satire uͤber den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[277/0287]
rem Kummer die Erfriſchungen des Zornes bei, in¬
dem er immer kam und im ſchoͤnſten gebrochnen
eingeſchleierten Auge der verlohrnen Liebe ſeine auf¬
ſuchte und herausforderte. Jezt trinkt ſie, auf
Fenks Treiben, den Brunnen in Lilienbad und
lebt allein mit einem Kammermaͤdgen — — der
Mai hebe die geſenkte Blumen-Knoſpe deines Gei¬
ſtes empor, den dein Flockenleib, wie Blumen
neu gefallner Schnee, umlegt und druͤckt und aus
deſſen aufgeriſſenen Blumen-Blaͤttern die Schnee-
Rinde erſt unter der Fruͤhlingsſonne des entfern¬
ten zweiten Himmels rinnen wird! —
Ottomar hat den Winter verzankt und ver¬
ſtritten; hat viele Korreſpondenz; advoziert wie
ich, aber gegen jeden giftigen Stammbaum und
Hundsſtern auf dem Rock, am meiſten gegen
den Fuͤrſtenhut ſeines Bruders, der damit Unter¬
thanen wie Schmetterlinge erwirft und faͤngt. Er
glaubt, ein Advokat ſei der einzige Volkstribun
gegen die Regierung, nur ſei das bisherige Leſen
der Advokaten ſchlimmer geweſen als ſelbſt das
Buchſtabieren, das der ſeel. Heinecke fuͤr ſchlim¬
mer ausſchrie als Erbſuͤnde und Peſt. Ich moͤchte
ihn faſt fuͤr den Verfaſſer einer Satire uͤber den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/287>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.