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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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schien, eine kurze Liebe anzubieten. Ihr Wider¬
stand machte, daß er auf eine längere dachte.
Unter den Augen der Residentin waren vor ihm
alle ihre Sinne gesichert, nur das Ohr nicht --
im Park keiner. Die Residentin, die wuste, daß
ihr Geist sich für jede Minute in einen neuen Kör¬
per umwerfen könne, indeß ihre Nebenbuhlerin
nicht mehr hatte als einen, in dem noch dazu
weiter nichts als Unschuld und Liebe steckte, diese
sah die ganze Affaire mit keinen andern Augen an
als satirischen. So weit wars als der Fürst in den
Hundstags-Interregnum kam und am andern
Morgen statt des Szepters nichts in der Hand
hatte als den Frisierkam und den Kopf der Residen¬
tin. Er hatt' es an seinem Hofe Mode gemacht;
jeder Kammerherr bis auf den Hofdentisten herun¬
ter hatte seitdem seine preteuse de tete, um an
ihrem Kopfe so viel zu lernen als er am Kopfe
einer schönern preteuse auszuüben hatte -- Es war
eben so nothwendig, daß man frisierte als daß man
frisiert war.

Ich könnt' es in der Note sagen, daß eine
preteuse de tete ein Mädgen in Paris ist, das an
einem Tage hundertmal frisieret wird, weils die

ſchien, eine kurze Liebe anzubieten. Ihr Wider¬
ſtand machte, daß er auf eine laͤngere dachte.
Unter den Augen der Reſidentin waren vor ihm
alle ihre Sinne geſichert, nur das Ohr nicht —
im Park keiner. Die Reſidentin, die wuſte, daß
ihr Geiſt ſich fuͤr jede Minute in einen neuen Koͤr¬
per umwerfen koͤnne, indeß ihre Nebenbuhlerin
nicht mehr hatte als einen, in dem noch dazu
weiter nichts als Unſchuld und Liebe ſteckte, dieſe
ſah die ganze Affaire mit keinen andern Augen an
als ſatiriſchen. So weit wars als der Fuͤrſt in den
Hundstags-Interregnum kam und am andern
Morgen ſtatt des Szepters nichts in der Hand
hatte als den Friſierkam und den Kopf der Reſiden¬
tin. Er hatt' es an ſeinem Hofe Mode gemacht;
jeder Kammerherr bis auf den Hofdentiſten herun¬
ter hatte ſeitdem ſeine preteuſe de tête, um an
ihrem Kopfe ſo viel zu lernen als er am Kopfe
einer ſchoͤnern preteuſe auszuuͤben hatte — Es war
eben ſo nothwendig, daß man friſierte als daß man
friſiert war.

Ich koͤnnt' es in der Note ſagen, daß eine
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[18/0028] ſchien, eine kurze Liebe anzubieten. Ihr Wider¬ ſtand machte, daß er auf eine laͤngere dachte. Unter den Augen der Reſidentin waren vor ihm alle ihre Sinne geſichert, nur das Ohr nicht — im Park keiner. Die Reſidentin, die wuſte, daß ihr Geiſt ſich fuͤr jede Minute in einen neuen Koͤr¬ per umwerfen koͤnne, indeß ihre Nebenbuhlerin nicht mehr hatte als einen, in dem noch dazu weiter nichts als Unſchuld und Liebe ſteckte, dieſe ſah die ganze Affaire mit keinen andern Augen an als ſatiriſchen. So weit wars als der Fuͤrſt in den Hundstags-Interregnum kam und am andern Morgen ſtatt des Szepters nichts in der Hand hatte als den Friſierkam und den Kopf der Reſiden¬ tin. Er hatt' es an ſeinem Hofe Mode gemacht; jeder Kammerherr bis auf den Hofdentiſten herun¬ ter hatte ſeitdem ſeine preteuſe de tête, um an ihrem Kopfe ſo viel zu lernen als er am Kopfe einer ſchoͤnern preteuſe auszuuͤben hatte — Es war eben ſo nothwendig, daß man friſierte als daß man friſiert war. Ich koͤnnt' es in der Note ſagen, daß eine preteuſe de tête ein Maͤdgen in Paris iſt, das an einem Tage hundertmal friſieret wird, weils die

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/28>, abgerufen am 27.12.2024.