Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.seine Gegenwart überhäufte sie mit Genuß zu sehr Einer Frau wird ihr Betragen in solchem Fall 2. Theil. P
ſeine Gegenwart uͤberhaͤufte ſie mit Genuß zu ſehr Einer Frau wird ihr Betragen in ſolchem Fall 2. Theil. P
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0235" n="225"/> ſeine Gegenwart uͤberhaͤufte ſie mit Genuß zu ſehr<lb/> und ſie umarmte da jeden Augenblick den Genius<lb/> ihrer Tugend, wenn ſie glaubte, bloß ihren Freund<lb/> zu umfaſſen. — In dieſer Fruͤhlings-Entzuͤckung,<lb/> als ſie in der einen Hand den Brief und in der an¬<lb/> dern den Genius der Tugend hatte, ſtoͤrte ſie der<lb/> Scheerauiſche — Fuͤrſt. So ſchiebt ſich auf den<lb/> Bauch eine Kroͤte in ein Blumenbeet.</p><lb/> <p>Einer Frau wird ihr Betragen in ſolchem Fall<lb/> nur dann ſchwer, wenn ſie noch unentſchloſſen zwi¬<lb/> ſchen Gleichguͤltigkeit und Liebe ſchwankt; oder<lb/> auch wenn ſie trotz aller Kaͤlte aus Eitelkeit doch ge¬<lb/> rade ſo viel bewilligen moͤchte, daß die Tugend nichts<lb/> verloͤre und die Liebe nichts gewoͤnne — hingegen im<lb/> Fall der vollendeten tugendhaften Entſchloſſenheit kann<lb/> ſie ſich frei der innern Tugend uͤberlaſſen, die fuͤr<lb/> ſie kaͤmpfet und ſie braucht kaum uͤber <choice><sic>Zuuge</sic><corr>Zunge</corr></choice> und<lb/> Mienen zu wachen, weil dieſe ſchon verdaͤchtig<lb/> ſind wenn ſie eine Wache begehren. — Die Art<lb/> wie Beata den Brief einſteckte, war der einzige<lb/> kleine Halbton in dieſer vollen Harmonie einer kaͤm¬<lb/> pfenden Tugend. Der Scheerauiſche Thron-Inſaß<lb/> entſchuldigte ſeine Erſcheinung mit ſeiner Sorgfalt<lb/> fuͤr ihre Geſundheit. Er ſetzte ſein folgendes Ge¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2. Theil. P<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [225/0235]
ſeine Gegenwart uͤberhaͤufte ſie mit Genuß zu ſehr
und ſie umarmte da jeden Augenblick den Genius
ihrer Tugend, wenn ſie glaubte, bloß ihren Freund
zu umfaſſen. — In dieſer Fruͤhlings-Entzuͤckung,
als ſie in der einen Hand den Brief und in der an¬
dern den Genius der Tugend hatte, ſtoͤrte ſie der
Scheerauiſche — Fuͤrſt. So ſchiebt ſich auf den
Bauch eine Kroͤte in ein Blumenbeet.
Einer Frau wird ihr Betragen in ſolchem Fall
nur dann ſchwer, wenn ſie noch unentſchloſſen zwi¬
ſchen Gleichguͤltigkeit und Liebe ſchwankt; oder
auch wenn ſie trotz aller Kaͤlte aus Eitelkeit doch ge¬
rade ſo viel bewilligen moͤchte, daß die Tugend nichts
verloͤre und die Liebe nichts gewoͤnne — hingegen im
Fall der vollendeten tugendhaften Entſchloſſenheit kann
ſie ſich frei der innern Tugend uͤberlaſſen, die fuͤr
ſie kaͤmpfet und ſie braucht kaum uͤber Zunge und
Mienen zu wachen, weil dieſe ſchon verdaͤchtig
ſind wenn ſie eine Wache begehren. — Die Art
wie Beata den Brief einſteckte, war der einzige
kleine Halbton in dieſer vollen Harmonie einer kaͤm¬
pfenden Tugend. Der Scheerauiſche Thron-Inſaß
entſchuldigte ſeine Erſcheinung mit ſeiner Sorgfalt
fuͤr ihre Geſundheit. Er ſetzte ſein folgendes Ge¬
2. Theil. P
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/235>, abgerufen am 16.02.2025. |