die tönende Athmosphäre um sie fasset die trunkne Masse in Eines ein -- so viele Menschen und zu einem so freudigen Zwecke verknüpft, durch däm¬ mernde umringende Beleuchtung geblendet, durch ihre klopfenden Herzen begeistert, müssen den Freu¬ denbecher wenigstens kredenzen, den Gustav aus¬ trank: denn ihn, dem jede Dame eine Dogares¬ sa *) ist, begeisterte ihre Berührung und der Tu¬ mult von außen weckte seinen ganzen innern so auf, daß die Musik, wie zurückprallend, ihren äußern Geburtsort verließ und bloß in seinem In¬ nern unter und neben seinen Gedanken zu ent¬ springen und heraus zu tönen schien. . . . Wahr¬ haftig wenn man seine Ideen um einen lodernden Kronleuchter herumträgt, so werfen sie ein ganz anderes Licht zurück als wenn man damit vor einer ökonomischen Lampe hockt -- in phantasiereichen Menschen liegen wie in heißen Ländern oder auf hohen Bergen, alle Extreme enger an einander: bei ihm wollte alle Augenblick die Entzückung zur Wehmuth werden und die Freude zur Liebe und alle die Empfindungen, die ihm die Tänzerinnen ein¬
*) Frau des Doge.
die toͤnende Athmoſphaͤre um ſie faſſet die trunkne Maſſe in Eines ein — ſo viele Menſchen und zu einem ſo freudigen Zwecke verknuͤpft, durch daͤm¬ mernde umringende Beleuchtung geblendet, durch ihre klopfenden Herzen begeiſtert, muͤſſen den Freu¬ denbecher wenigſtens kredenzen, den Guſtav aus¬ trank: denn ihn, dem jede Dame eine Dogareſ¬ ſa *) iſt, begeiſterte ihre Beruͤhrung und der Tu¬ mult von außen weckte ſeinen ganzen innern ſo auf, daß die Muſik, wie zuruͤckprallend, ihren aͤußern Geburtsort verließ und bloß in ſeinem In¬ nern unter und neben ſeinen Gedanken zu ent¬ ſpringen und heraus zu toͤnen ſchien. . . . Wahr¬ haftig wenn man ſeine Ideen um einen lodernden Kronleuchter herumtraͤgt, ſo werfen ſie ein ganz anderes Licht zuruͤck als wenn man damit vor einer oͤkonomiſchen Lampe hockt — in phantaſiereichen Menſchen liegen wie in heißen Laͤndern oder auf hohen Bergen, alle Extreme enger an einander: bei ihm wollte alle Augenblick die Entzuͤckung zur Wehmuth werden und die Freude zur Liebe und alle die Empfindungen, die ihm die Taͤnzerinnen ein¬
*) Frau des Doge.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0224"n="214"/>
die toͤnende Athmoſphaͤre um ſie faſſet die trunkne<lb/>
Maſſe in Eines ein —ſo viele Menſchen und zu<lb/>
einem ſo freudigen Zwecke verknuͤpft, durch daͤm¬<lb/>
mernde umringende Beleuchtung geblendet, durch<lb/>
ihre klopfenden Herzen begeiſtert, muͤſſen den Freu¬<lb/>
denbecher wenigſtens kredenzen, den Guſtav aus¬<lb/>
trank: denn ihn, dem jede Dame eine Dogareſ¬<lb/>ſa <noteplace="foot"n="*)">Frau des Doge.<lb/></note> iſt, begeiſterte ihre Beruͤhrung und der Tu¬<lb/>
mult von außen weckte ſeinen ganzen innern ſo<lb/>
auf, daß die Muſik, wie zuruͤckprallend, ihren<lb/>
aͤußern Geburtsort verließ und bloß in ſeinem In¬<lb/>
nern unter und neben ſeinen Gedanken zu ent¬<lb/>ſpringen und heraus zu toͤnen ſchien. . . . Wahr¬<lb/>
haftig wenn man ſeine Ideen um einen lodernden<lb/>
Kronleuchter herumtraͤgt, ſo werfen ſie ein ganz<lb/>
anderes Licht zuruͤck als wenn man damit vor einer<lb/>
oͤkonomiſchen Lampe hockt — in phantaſiereichen<lb/>
Menſchen liegen wie in heißen Laͤndern oder auf<lb/>
hohen Bergen, alle Extreme enger an einander:<lb/>
bei ihm wollte alle Augenblick die Entzuͤckung zur<lb/>
Wehmuth werden und die Freude zur Liebe und<lb/>
alle die Empfindungen, die ihm die Taͤnzerinnen ein¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[214/0224]
die toͤnende Athmoſphaͤre um ſie faſſet die trunkne
Maſſe in Eines ein — ſo viele Menſchen und zu
einem ſo freudigen Zwecke verknuͤpft, durch daͤm¬
mernde umringende Beleuchtung geblendet, durch
ihre klopfenden Herzen begeiſtert, muͤſſen den Freu¬
denbecher wenigſtens kredenzen, den Guſtav aus¬
trank: denn ihn, dem jede Dame eine Dogareſ¬
ſa *) iſt, begeiſterte ihre Beruͤhrung und der Tu¬
mult von außen weckte ſeinen ganzen innern ſo
auf, daß die Muſik, wie zuruͤckprallend, ihren
aͤußern Geburtsort verließ und bloß in ſeinem In¬
nern unter und neben ſeinen Gedanken zu ent¬
ſpringen und heraus zu toͤnen ſchien. . . . Wahr¬
haftig wenn man ſeine Ideen um einen lodernden
Kronleuchter herumtraͤgt, ſo werfen ſie ein ganz
anderes Licht zuruͤck als wenn man damit vor einer
oͤkonomiſchen Lampe hockt — in phantaſiereichen
Menſchen liegen wie in heißen Laͤndern oder auf
hohen Bergen, alle Extreme enger an einander:
bei ihm wollte alle Augenblick die Entzuͤckung zur
Wehmuth werden und die Freude zur Liebe und
alle die Empfindungen, die ihm die Taͤnzerinnen ein¬
*) Frau des Doge.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/224>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.