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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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weil sie alsdann ihre lilliputischen Grazien-Füße
leichter spielen lassen konnte. An ihrer Schönheit
waren sie das einzige Unsterbliche, wie am Achil¬
les das einzige Sterbliche; in der That hätten sie,
wie des Dammhirschgen seine, zu Tabacksstopfern
getaugt.

Wie viel besser nahm sich Oefel aus! der ist
ein Narr gerade zu, aber in gehörigem Maße.
Die Residentin überholte sie in jeder Biegung des
Arms, den ein Mahler, und in jeder Hebung
des Fußes, den eine Göttin zu bewegen schien: so¬
gar im Auflegen des Roths, woran die Bouse ih¬
re Wangen bei einer Fürstin angewöhnen muste,
weil diese von allen ihren Hofdamen diese flüchtige
Karnation zu fodern pflegte -- ihr Roth bestreifte
sie wie der Wiederschein eines rothen Sonnen¬
schirms nur mit einer leisen Mitteltinte. . . . . In
Rücksicht der Schönheit unterschied sich der ihrige
von der ministerialischen wie die Tugend von der
Heuchelei. . .

Das Drama wurde von den fünf Akteurs nicht
im Opernhaus, sondern in einem Saale des Schlos¬
ses, der die Krönung der Residentin begünstigte,
in die Welt geboren. Ich war nicht dabei; aber

man

weil ſie alsdann ihre lilliputiſchen Grazien-Fuͤße
leichter ſpielen laſſen konnte. An ihrer Schoͤnheit
waren ſie das einzige Unſterbliche, wie am Achil¬
les das einzige Sterbliche; in der That haͤtten ſie,
wie des Dammhirſchgen ſeine, zu Tabacksſtopfern
getaugt.

Wie viel beſſer nahm ſich Oefel aus! der iſt
ein Narr gerade zu, aber in gehoͤrigem Maße.
Die Reſidentin uͤberholte ſie in jeder Biegung des
Arms, den ein Mahler, und in jeder Hebung
des Fußes, den eine Goͤttin zu bewegen ſchien: ſo¬
gar im Auflegen des Roths, woran die Bouſe ih¬
re Wangen bei einer Fuͤrſtin angewoͤhnen muſte,
weil dieſe von allen ihren Hofdamen dieſe fluͤchtige
Karnation zu fodern pflegte — ihr Roth beſtreifte
ſie wie der Wiederſchein eines rothen Sonnen¬
ſchirms nur mit einer leiſen Mitteltinte. . . . . In
Ruͤckſicht der Schoͤnheit unterſchied ſich der ihrige
von der miniſterialiſchen wie die Tugend von der
Heuchelei. . .

Das Drama wurde von den fuͤnf Akteurs nicht
im Opernhaus, ſondern in einem Saale des Schloſ¬
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in die Welt geboren. Ich war nicht dabei; aber

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[208/0218] weil ſie alsdann ihre lilliputiſchen Grazien-Fuͤße leichter ſpielen laſſen konnte. An ihrer Schoͤnheit waren ſie das einzige Unſterbliche, wie am Achil¬ les das einzige Sterbliche; in der That haͤtten ſie, wie des Dammhirſchgen ſeine, zu Tabacksſtopfern getaugt. Wie viel beſſer nahm ſich Oefel aus! der iſt ein Narr gerade zu, aber in gehoͤrigem Maße. Die Reſidentin uͤberholte ſie in jeder Biegung des Arms, den ein Mahler, und in jeder Hebung des Fußes, den eine Goͤttin zu bewegen ſchien: ſo¬ gar im Auflegen des Roths, woran die Bouſe ih¬ re Wangen bei einer Fuͤrſtin angewoͤhnen muſte, weil dieſe von allen ihren Hofdamen dieſe fluͤchtige Karnation zu fodern pflegte — ihr Roth beſtreifte ſie wie der Wiederſchein eines rothen Sonnen¬ ſchirms nur mit einer leiſen Mitteltinte. . . . . In Ruͤckſicht der Schoͤnheit unterſchied ſich der ihrige von der miniſterialiſchen wie die Tugend von der Heuchelei. . . Das Drama wurde von den fuͤnf Akteurs nicht im Opernhaus, ſondern in einem Saale des Schloſ¬ ſes, der die Kroͤnung der Reſidentin beguͤnſtigte, in die Welt geboren. Ich war nicht dabei; aber man

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/218>, abgerufen am 22.11.2024.