Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.er die Unerbittlichkeit ihrer schwesterlichen Liebe so er die Unerbittlichkeit ihrer ſchweſterlichen Liebe ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0191" n="181"/> er die Unerbittlichkeit ihrer ſchweſterlichen Liebe ſo<lb/> gewiß ſah, verſprach er, fuͤr eine rechte Beloh¬<lb/> nung ihr die ihrige zu erſpahren. „Aber du muſt<lb/> noch groͤßere Liebe fuͤr mich haben“ ſagt' er<lb/> — „die ſchweſterliche“ ſagte ſie — „eine noch ſtaͤr¬<lb/> kere“ ſagte er — „die freundſchaftlichſte“ ſagte ſie<lb/> — „eine noch viel ſtaͤrkere“ ſagt' er — „weiter<lb/> giebts keine groͤßere“ ſagte ſie — „o doch! ich bin<lb/> ja dein Bruder nicht“ ſagt' er und fiel mit liebe¬<lb/> trunknen Augen vor ihr nieder und gab ihr ein<lb/> Papier, das ſie aus ihrem bisherigen Irrthum<lb/> zog und ſie dafuͤr in eine kleine Freuden-Ohnmacht<lb/> ſtuͤrzte. Sie erſchienen alle vier vor dem Guts¬<lb/> herrn und Kranz-Kollator (der Fuͤrſt ſpielte dieſe<lb/> Rolle ſogar auf dem — Theater) und jede kam ſei¬<lb/> ner Wahl durch eine Bitte und Lobrede fuͤr ihre<lb/> Schweſter und durch feine Invektiven auf ſich ſel¬<lb/> ber zuvor. Der kokettirende Wicht Perrin quaͤſtio¬<lb/> nierte: ſollte die Liebe andre Roſen brauchen als<lb/> ihre eigne? — Marie gab eine fliegende Schilde¬<lb/> rung von den Vorzuͤgen, denen eine ſolche Be¬<lb/> kroͤnung gebuͤhre und die zum Theil feine Zuͤge aus<lb/> Bouſens Bilde waren. Der Gutsherr ſagte: dieſe<lb/> ſchweſterliche Unpartheilichkeit, die ſo ſehr zu be¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0191]
er die Unerbittlichkeit ihrer ſchweſterlichen Liebe ſo
gewiß ſah, verſprach er, fuͤr eine rechte Beloh¬
nung ihr die ihrige zu erſpahren. „Aber du muſt
noch groͤßere Liebe fuͤr mich haben“ ſagt' er
— „die ſchweſterliche“ ſagte ſie — „eine noch ſtaͤr¬
kere“ ſagte er — „die freundſchaftlichſte“ ſagte ſie
— „eine noch viel ſtaͤrkere“ ſagt' er — „weiter
giebts keine groͤßere“ ſagte ſie — „o doch! ich bin
ja dein Bruder nicht“ ſagt' er und fiel mit liebe¬
trunknen Augen vor ihr nieder und gab ihr ein
Papier, das ſie aus ihrem bisherigen Irrthum
zog und ſie dafuͤr in eine kleine Freuden-Ohnmacht
ſtuͤrzte. Sie erſchienen alle vier vor dem Guts¬
herrn und Kranz-Kollator (der Fuͤrſt ſpielte dieſe
Rolle ſogar auf dem — Theater) und jede kam ſei¬
ner Wahl durch eine Bitte und Lobrede fuͤr ihre
Schweſter und durch feine Invektiven auf ſich ſel¬
ber zuvor. Der kokettirende Wicht Perrin quaͤſtio¬
nierte: ſollte die Liebe andre Roſen brauchen als
ihre eigne? — Marie gab eine fliegende Schilde¬
rung von den Vorzuͤgen, denen eine ſolche Be¬
kroͤnung gebuͤhre und die zum Theil feine Zuͤge aus
Bouſens Bilde waren. Der Gutsherr ſagte: dieſe
ſchweſterliche Unpartheilichkeit, die ſo ſehr zu be¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/191>, abgerufen am 23.07.2024. |