Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.niemals anders aufstoßen wollte als von ungefähr; Ich erfuhrs schon am Tage ihrer Rückreise, da ich niemals anders aufſtoßen wollte als von ungefaͤhr; Ich erfuhrs ſchon am Tage ihrer Ruͤckreiſe, da ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0164" n="154"/> niemals anders aufſtoßen wollte als von ungefaͤhr;<lb/> bei der Reſidentin aber waͤrs allemal mit Abſicht<lb/> geweſen. Sie thats, weil ſie ſich gern ſelber kraͤnk¬<lb/> te und wie Sokrates den Becher der Freude erſt<lb/> weggoß, eh' ſie ihn anſetzte. Sie thats, weswe¬<lb/> gen es ſelten eine thaͤte — um ihrer Mutter um<lb/> den Hals zu fallen und ihr alles zu ſagen. Endlich<lb/> that ſie es auch; um zu Hauſe das Portrait Gu¬<lb/> ſtavs, das der Alte verauktionirt hatte, aufzu¬<lb/> ſuchen.</p><lb/> <p>Ich erfuhrs ſchon am Tage ihrer Ruͤckreiſe, da ich<lb/> in Mauſſenbach als eine ganze adliche Rota an¬<lb/> langte, um eine arme Wirthin weniger zu beſtra¬<lb/> fen als zu befragen, weil ſie — wie man in der<lb/> Pariſer Oper fuͤr wichtige Rollen die Akteurs dop¬<lb/> pelt und dreifach in Bereitſchaft haͤlt — die erheb¬<lb/> liche Rolle ihres Ehemannes mit zwoͤlf Leuten aus<lb/> der Gegend mit Einſicht beſetzt hatte, damit fort¬<lb/> geſpielet wuͤrde ſo oft er ſelber nicht da waͤre. Und<lb/> hier wars wo ich abnehmen konnte wie wenig mein<lb/> H. Gerichtsprinzipal zum Ehebruch geneigt ſei ſon¬<lb/> dern vielmehr zur Tugend: er war ordentlich froh,<lb/> daß das ganze Floͤz von eingepfarrten Ehebrechern<lb/> gerade vor <hi rendition="#g">ſeinem</hi> Ufer vorbei kam und daß er das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0164]
niemals anders aufſtoßen wollte als von ungefaͤhr;
bei der Reſidentin aber waͤrs allemal mit Abſicht
geweſen. Sie thats, weil ſie ſich gern ſelber kraͤnk¬
te und wie Sokrates den Becher der Freude erſt
weggoß, eh' ſie ihn anſetzte. Sie thats, weswe¬
gen es ſelten eine thaͤte — um ihrer Mutter um
den Hals zu fallen und ihr alles zu ſagen. Endlich
that ſie es auch; um zu Hauſe das Portrait Gu¬
ſtavs, das der Alte verauktionirt hatte, aufzu¬
ſuchen.
Ich erfuhrs ſchon am Tage ihrer Ruͤckreiſe, da ich
in Mauſſenbach als eine ganze adliche Rota an¬
langte, um eine arme Wirthin weniger zu beſtra¬
fen als zu befragen, weil ſie — wie man in der
Pariſer Oper fuͤr wichtige Rollen die Akteurs dop¬
pelt und dreifach in Bereitſchaft haͤlt — die erheb¬
liche Rolle ihres Ehemannes mit zwoͤlf Leuten aus
der Gegend mit Einſicht beſetzt hatte, damit fort¬
geſpielet wuͤrde ſo oft er ſelber nicht da waͤre. Und
hier wars wo ich abnehmen konnte wie wenig mein
H. Gerichtsprinzipal zum Ehebruch geneigt ſei ſon¬
dern vielmehr zur Tugend: er war ordentlich froh,
daß das ganze Floͤz von eingepfarrten Ehebrechern
gerade vor ſeinem Ufer vorbei kam und daß er das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/164 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/164>, abgerufen am 16.02.2025. |