te Zuschauer, als entfernte Logen-Pächter stehen; aber es giebt bessere und seltnere Menschen, die sich für hineingerissene Spieler und jede Grasspitze für beseelt ansehen, jedes Käferchen für ewig und das unbändige Ganze für ein unendliches schlagendes Adersystem, in welchem jedes Wesen als ein sau¬ gendes und tropfendes Aestchen zwischen, kleinern und größern pulsirt und dessen volles Herz Gott ist. -- --
Gustavs Brief.
Heute stieg ich zum zweitenmale aus meiner Höle in die unendliche Welt -- alle meine Adern fluten noch vom heutigen Nachmittage, mein Blut möchte sich mit den Erden um die Sonnen drehen und mein Herz mit den Sonnen um das funkelnde Ziel, das neben dem Schöpfer steht . . .
Die Nachtluft, die mein Licht umkrümmt, kühlet mich vergeblich ab, wenn ich nicht die bren¬ nende Brust vor dem Auge des Freundes aufdecke und ihm alles sage. Ich nahm Nachmittags mein Reißzeug, womit ich bisher statt der Landschaf¬ ten die Festungen, die sie verwüsten, schaffen müs¬ sen und gieng ins stille Land hinaus. Der Erdball
te Zuſchauer, als entfernte Logen-Paͤchter ſtehen; aber es giebt beſſere und ſeltnere Menſchen, die ſich fuͤr hineingeriſſene Spieler und jede Grasſpitze fuͤr beſeelt anſehen, jedes Kaͤferchen fuͤr ewig und das unbaͤndige Ganze fuͤr ein unendliches ſchlagendes Aderſyſtem, in welchem jedes Weſen als ein ſau¬ gendes und tropfendes Aeſtchen zwiſchen, kleinern und groͤßern pulſirt und deſſen volles Herz Gott iſt. — —
Guſtavs Brief.
Heute ſtieg ich zum zweitenmale aus meiner Hoͤle in die unendliche Welt — alle meine Adern fluten noch vom heutigen Nachmittage, mein Blut moͤchte ſich mit den Erden um die Sonnen drehen und mein Herz mit den Sonnen um das funkelnde Ziel, das neben dem Schoͤpfer ſteht . . .
Die Nachtluft, die mein Licht umkruͤmmt, kuͤhlet mich vergeblich ab, wenn ich nicht die bren¬ nende Bruſt vor dem Auge des Freundes aufdecke und ihm alles ſage. Ich nahm Nachmittags mein Reißzeug, womit ich bisher ſtatt der Landſchaf¬ ten die Feſtungen, die ſie verwuͤſten, ſchaffen muͤſ¬ ſen und gieng ins ſtille Land hinaus. Der Erdball
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0016"n="6"/>
te Zuſchauer, als entfernte Logen-Paͤchter ſtehen;<lb/>
aber es giebt beſſere und ſeltnere Menſchen, die<lb/>ſich fuͤr hineingeriſſene Spieler und jede Grasſpitze fuͤr<lb/>
beſeelt anſehen, jedes Kaͤferchen fuͤr ewig und das<lb/>
unbaͤndige Ganze fuͤr ein unendliches ſchlagendes<lb/>
Aderſyſtem, in welchem jedes <choice><sic>Weſeu</sic><corr>Weſen</corr></choice> als ein ſau¬<lb/>
gendes und tropfendes Aeſtchen zwiſchen, kleinern<lb/>
und groͤßern pulſirt und deſſen volles Herz Gott<lb/>
iſt. ——</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>Guſtavs Brief.<lb/></head><p>Heute ſtieg ich zum zweitenmale aus meiner<lb/>
Hoͤle in die unendliche Welt — alle meine Adern<lb/>
fluten noch vom heutigen Nachmittage, mein Blut<lb/>
moͤchte ſich mit den Erden um die Sonnen drehen<lb/>
und mein Herz mit den Sonnen um das funkelnde<lb/>
Ziel, das neben dem Schoͤpfer ſteht . . .</p><lb/><p>Die Nachtluft, die mein Licht umkruͤmmt,<lb/>
kuͤhlet mich vergeblich ab, wenn ich nicht die bren¬<lb/>
nende Bruſt vor dem Auge des Freundes aufdecke<lb/>
und ihm alles ſage. Ich nahm Nachmittags mein<lb/>
Reißzeug, womit ich bisher ſtatt der Landſchaf¬<lb/>
ten die Feſtungen, die ſie verwuͤſten, ſchaffen muͤſ¬<lb/>ſen und gieng ins ſtille Land hinaus. Der Erdball<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[6/0016]
te Zuſchauer, als entfernte Logen-Paͤchter ſtehen;
aber es giebt beſſere und ſeltnere Menſchen, die
ſich fuͤr hineingeriſſene Spieler und jede Grasſpitze fuͤr
beſeelt anſehen, jedes Kaͤferchen fuͤr ewig und das
unbaͤndige Ganze fuͤr ein unendliches ſchlagendes
Aderſyſtem, in welchem jedes Weſen als ein ſau¬
gendes und tropfendes Aeſtchen zwiſchen, kleinern
und groͤßern pulſirt und deſſen volles Herz Gott
iſt. — —
Guſtavs Brief.
Heute ſtieg ich zum zweitenmale aus meiner
Hoͤle in die unendliche Welt — alle meine Adern
fluten noch vom heutigen Nachmittage, mein Blut
moͤchte ſich mit den Erden um die Sonnen drehen
und mein Herz mit den Sonnen um das funkelnde
Ziel, das neben dem Schoͤpfer ſteht . . .
Die Nachtluft, die mein Licht umkruͤmmt,
kuͤhlet mich vergeblich ab, wenn ich nicht die bren¬
nende Bruſt vor dem Auge des Freundes aufdecke
und ihm alles ſage. Ich nahm Nachmittags mein
Reißzeug, womit ich bisher ſtatt der Landſchaf¬
ten die Feſtungen, die ſie verwuͤſten, ſchaffen muͤſ¬
ſen und gieng ins ſtille Land hinaus. Der Erdball
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/16>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.