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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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zu Sternen verkleinerten Sonnen und die geliebte
Seele, die er vor dem Untergange aller Sonnen
nicht erreichen konnte. -- Gustav mußte denken,
der Traum sei aus seinem Schlafe ins Leben über¬
gezogen und er habe nicht geschlafen; sein Geist
konnte die großen steilen Ideen vor ihm nicht be¬
wegen und nicht vereinigen. "In welcher Welt
sind wir?" sagt' er, aber in einem erhabnen
Tone, der beinahe die Frage beantwortete. Sei¬
ne Hand war mit ihrer ziehenden fest verwachsen.
"Sie sind noch im Traume" sagte sie sanft und
bebend. Dieses Sie und die Stimme stieß auf
einmal seinen Traum in den Hintergrund aus der
Gegenwart zurück; aber der Traum hatte ihm
die Gestalt, die an seiner Hand kämpfte, lieber
und vertrauter gemacht und die geträumte Unter¬
redung wirkte in ihm wie eine wahre und sein Geist
war noch eine erhaben-fortbebende Saite, in die
ein Engel seine Entzückung gerissen -- und da jetzt
drüben im öden Tempel die Orgel durch neues Er¬
tönen die Szene über den irdischen Boden erhob,
wo beide Seelen noch waren; da Beatens Stellung
schwankte, ihre Lippe zitterte, ihr Auge brach:
-- so war ihm wieder als würde der Traum wahr,

zu Sternen verkleinerten Sonnen und die geliebte
Seele, die er vor dem Untergange aller Sonnen
nicht erreichen konnte. — Guſtav mußte denken,
der Traum ſei aus ſeinem Schlafe ins Leben uͤber¬
gezogen und er habe nicht geſchlafen; ſein Geiſt
konnte die großen ſteilen Ideen vor ihm nicht be¬
wegen und nicht vereinigen. „In welcher Welt
ſind wir?“ ſagt' er, aber in einem erhabnen
Tone, der beinahe die Frage beantwortete. Sei¬
ne Hand war mit ihrer ziehenden feſt verwachſen.
„Sie ſind noch im Traume“ ſagte ſie ſanft und
bebend. Dieſes Sie und die Stimme ſtieß auf
einmal ſeinen Traum in den Hintergrund aus der
Gegenwart zuruͤck; aber der Traum hatte ihm
die Geſtalt, die an ſeiner Hand kaͤmpfte, lieber
und vertrauter gemacht und die getraͤumte Unter¬
redung wirkte in ihm wie eine wahre und ſein Geiſt
war noch eine erhaben-fortbebende Saite, in die
ein Engel ſeine Entzuͤckung geriſſen — und da jetzt
druͤben im oͤden Tempel die Orgel durch neues Er¬
toͤnen die Szene uͤber den irdiſchen Boden erhob,
wo beide Seelen noch waren; da Beatens Stellung
ſchwankte, ihre Lippe zitterte, ihr Auge brach:
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[126/0136] zu Sternen verkleinerten Sonnen und die geliebte Seele, die er vor dem Untergange aller Sonnen nicht erreichen konnte. — Guſtav mußte denken, der Traum ſei aus ſeinem Schlafe ins Leben uͤber¬ gezogen und er habe nicht geſchlafen; ſein Geiſt konnte die großen ſteilen Ideen vor ihm nicht be¬ wegen und nicht vereinigen. „In welcher Welt ſind wir?“ ſagt' er, aber in einem erhabnen Tone, der beinahe die Frage beantwortete. Sei¬ ne Hand war mit ihrer ziehenden feſt verwachſen. „Sie ſind noch im Traume“ ſagte ſie ſanft und bebend. Dieſes Sie und die Stimme ſtieß auf einmal ſeinen Traum in den Hintergrund aus der Gegenwart zuruͤck; aber der Traum hatte ihm die Geſtalt, die an ſeiner Hand kaͤmpfte, lieber und vertrauter gemacht und die getraͤumte Unter¬ redung wirkte in ihm wie eine wahre und ſein Geiſt war noch eine erhaben-fortbebende Saite, in die ein Engel ſeine Entzuͤckung geriſſen — und da jetzt druͤben im oͤden Tempel die Orgel durch neues Er¬ toͤnen die Szene uͤber den irdiſchen Boden erhob, wo beide Seelen noch waren; da Beatens Stellung ſchwankte, ihre Lippe zitterte, ihr Auge brach: — ſo war ihm wieder als wuͤrde der Traum wahr,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/136>, abgerufen am 25.11.2024.