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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Seele überwältigen, wirst du uns da auch eine be¬
kannte Menschenbrust geben, an der wir das schwa¬
che Auge aufschlagen? O Schicksal! giebst du uns
wieder, was wir niemals hier vergessen können?
Kein Auge wird sich auf dieses Blatt richten, das
hier nichts zu beweinen und nichts dort wiederzufin¬
den hat: ach wird es nach diesem Leben voll Tod¬
ter, keiner bekannten Gestalt begegnen, zu der wir
sagen können: willkommen?....

Das Schicksal steht stumm hinter der Larve;
die menschliche Thräne steht trübe auf dem Grabe;
die Sonne leuchtet nicht in die Thräne.


Seele uͤberwaͤltigen, wirſt du uns da auch eine be¬
kannte Menſchenbruſt geben, an der wir das ſchwa¬
che Auge aufſchlagen? O Schickſal! giebſt du uns
wieder, was wir niemals hier vergeſſen koͤnnen?
Kein Auge wird ſich auf dieſes Blatt richten, das
hier nichts zu beweinen und nichts dort wiederzufin¬
den hat: ach wird es nach dieſem Leben voll Tod¬
ter, keiner bekannten Geſtalt begegnen, zu der wir
ſagen koͤnnen: willkommen?....

Das Schickſal ſteht ſtumm hinter der Larve;
die menſchliche Thraͤne ſteht truͤbe auf dem Grabe;
die Sonne leuchtet nicht in die Thraͤne.


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[61/0097] Seele uͤberwaͤltigen, wirſt du uns da auch eine be¬ kannte Menſchenbruſt geben, an der wir das ſchwa¬ che Auge aufſchlagen? O Schickſal! giebſt du uns wieder, was wir niemals hier vergeſſen koͤnnen? Kein Auge wird ſich auf dieſes Blatt richten, das hier nichts zu beweinen und nichts dort wiederzufin¬ den hat: ach wird es nach dieſem Leben voll Tod¬ ter, keiner bekannten Geſtalt begegnen, zu der wir ſagen koͤnnen: willkommen?.... Das Schickſal ſteht ſtumm hinter der Larve; die menſchliche Thraͤne ſteht truͤbe auf dem Grabe; die Sonne leuchtet nicht in die Thraͤne.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/97>, abgerufen am 22.11.2024.