Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.Da aber die gehörige Anstallt über der Höhle ge¬ Gustavs Auge stand in der ersten Freudenthrä¬ O Musik! Nachklang aus einer entlegnen har¬ Wie beim wahren Sterben näherte der Genius Da aber die gehoͤrige Anſtallt uͤber der Hoͤhle ge¬ Guſtavs Auge ſtand in der erſten Freudenthraͤ¬ O Muſik! Nachklang aus einer entlegnen har¬ Wie beim wahren Sterben naͤherte der Genius <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0089" n="53"/> Da aber die gehoͤrige Anſtallt uͤber der Hoͤhle ge¬<lb/> troffen war: ſo fieng unten einmal der Genius<lb/> an, es vorzuſingen, indeß mit ihm oben ein be¬<lb/> gleitendes Waldhorn anfieng, (das an einem mei¬<lb/> ſterhaften Munde die Floͤte erreicht) und die zie¬<lb/> henden Adagio-Klagen ſanken durch die daͤmpfende<lb/> Erde in ihre Ohren und Herzen wie ein warmer<lb/> Regen nieder. . . .</p><lb/> <p>Guſtavs Auge ſtand in der erſten Freudenthraͤ¬<lb/> ne — ſein Herz drehte ſich um — er glaubte, nun<lb/> ſtuͤrb' es an den Toͤnen ſchon.</p><lb/> <p>O Muſik! Nachklang aus einer entlegnen har¬<lb/> moniſchen Welt! Seufzer des Engels in uns!<lb/> Wenn das Wort ſprachlos iſt, und die Umarmung,<lb/> und das Auge, und das weinende, und wenn un¬<lb/> ſre ſtummen Herzen hinter dem Bruſt-Gitter ein¬<lb/> ſam liegen: o ſo biſt nur du es, wodurch ſie<lb/> ſich einander zurufen in ihren Kerkern und wo¬<lb/> durch ſie ihre entfernten Seufzer vereinigen in ih¬<lb/> rer Wuͤſte! —</p><lb/> <p>Wie beim wahren Sterben naͤherte der Genius<lb/> ſeinen Zoͤgling bei dieſem nachgeahmten, auf der<lb/> Stufenleiter der fuͤnf Sinne dem Himmel. Er<lb/> ſchmuͤckte den ſcheinbaren Tod zum Vortheil des<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0089]
Da aber die gehoͤrige Anſtallt uͤber der Hoͤhle ge¬
troffen war: ſo fieng unten einmal der Genius
an, es vorzuſingen, indeß mit ihm oben ein be¬
gleitendes Waldhorn anfieng, (das an einem mei¬
ſterhaften Munde die Floͤte erreicht) und die zie¬
henden Adagio-Klagen ſanken durch die daͤmpfende
Erde in ihre Ohren und Herzen wie ein warmer
Regen nieder. . . .
Guſtavs Auge ſtand in der erſten Freudenthraͤ¬
ne — ſein Herz drehte ſich um — er glaubte, nun
ſtuͤrb' es an den Toͤnen ſchon.
O Muſik! Nachklang aus einer entlegnen har¬
moniſchen Welt! Seufzer des Engels in uns!
Wenn das Wort ſprachlos iſt, und die Umarmung,
und das Auge, und das weinende, und wenn un¬
ſre ſtummen Herzen hinter dem Bruſt-Gitter ein¬
ſam liegen: o ſo biſt nur du es, wodurch ſie
ſich einander zurufen in ihren Kerkern und wo¬
durch ſie ihre entfernten Seufzer vereinigen in ih¬
rer Wuͤſte! —
Wie beim wahren Sterben naͤherte der Genius
ſeinen Zoͤgling bei dieſem nachgeahmten, auf der
Stufenleiter der fuͤnf Sinne dem Himmel. Er
ſchmuͤckte den ſcheinbaren Tod zum Vortheil des
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/89>, abgerufen am 23.07.2024. |