Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.um ihm die Schönheit der Natur und die Häßlich¬ Allein der Genius -- diesen schönen Namen soll um ihm die Schoͤnheit der Natur und die Haͤßlich¬ Allein der Genius — dieſen ſchoͤnen Namen ſoll <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="41"/> um ihm die Schoͤnheit der Natur und die Haͤßlich¬<lb/> keit der Menſchen aus gleichen Gruͤnden zu entzie¬<lb/> hen. Der Rittmeiſter ſtellte ſeiner Frau vergeblich<lb/> vor, „die Alte verzoͤg' ihm ja den Soldaten zu<lb/> „einer Schlafhaube und ſie ſollte nur warten, bis<lb/> „ein Maͤdchen kaͤme.” Er ließ auch wie mehrere<lb/> Maͤnner den Unmuth uͤber die Schwiegermutter<lb/> ganz am Weibe aus. Aber die Alte hatte ſchon vor<lb/> der Taufe einen himmliſchſchoͤnen Juͤngling aus<lb/><hi rendition="#g">Barby</hi> verſchrieben. Der Rittmeiſter konnte wie<lb/> alle kraftvolle Leute das Hernhutiſche <hi rendition="#aq">Diminuendo</hi><lb/> nicht ausſtehen; am meiſten redete er daruͤber, daß<lb/> ſie ſo wenig redeten; ſogar das war nicht nach<lb/> ſeinem Sinne, daß die Hernhutiſche Wirthe ihn<lb/> nicht ſowohl uͤberſchnellten als zu ſehr uͤberſchnellten.</p><lb/> <p>Allein der Genius — dieſen ſchoͤnen Namen ſoll<lb/> er vorjetzt auf allen Blaͤttern haben — lag nicht<lb/> an jenen das Herz einſchraubenden Kraͤmpfen des<lb/> Hernhutiſmus krank und er nahm blos das Sanfte<lb/> und Einfache von ihm. Ueber ſeinem ſchwaͤrmeri¬<lb/> ſchen trunknem <choice><sic>Ange</sic><corr>Auge</corr></choice> glaͤttete ſich eine ruhende<lb/> ſchuldloſe Stirne, die das vierzigſte Jahr eben ſo<lb/><hi rendition="#g">unraſtriert</hi> und ungerunzelt ließ, wie das vier¬<lb/> zehnte. Er trug ein Herz, welches Laſter wie Gif¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0077]
um ihm die Schoͤnheit der Natur und die Haͤßlich¬
keit der Menſchen aus gleichen Gruͤnden zu entzie¬
hen. Der Rittmeiſter ſtellte ſeiner Frau vergeblich
vor, „die Alte verzoͤg' ihm ja den Soldaten zu
„einer Schlafhaube und ſie ſollte nur warten, bis
„ein Maͤdchen kaͤme.” Er ließ auch wie mehrere
Maͤnner den Unmuth uͤber die Schwiegermutter
ganz am Weibe aus. Aber die Alte hatte ſchon vor
der Taufe einen himmliſchſchoͤnen Juͤngling aus
Barby verſchrieben. Der Rittmeiſter konnte wie
alle kraftvolle Leute das Hernhutiſche Diminuendo
nicht ausſtehen; am meiſten redete er daruͤber, daß
ſie ſo wenig redeten; ſogar das war nicht nach
ſeinem Sinne, daß die Hernhutiſche Wirthe ihn
nicht ſowohl uͤberſchnellten als zu ſehr uͤberſchnellten.
Allein der Genius — dieſen ſchoͤnen Namen ſoll
er vorjetzt auf allen Blaͤttern haben — lag nicht
an jenen das Herz einſchraubenden Kraͤmpfen des
Hernhutiſmus krank und er nahm blos das Sanfte
und Einfache von ihm. Ueber ſeinem ſchwaͤrmeri¬
ſchen trunknem Auge glaͤttete ſich eine ruhende
ſchuldloſe Stirne, die das vierzigſte Jahr eben ſo
unraſtriert und ungerunzelt ließ, wie das vier¬
zehnte. Er trug ein Herz, welches Laſter wie Gif¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/77>, abgerufen am 16.02.2025. |