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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Die ersten 14 Tage wurd' in der That zu nach¬
läßig gespielt und -- geliebt. Allein damals hatten
weder andre gescheute Leute noch ich selber jene hi¬
tzige Romane geschrieben, wodurch wir (wir habens
zu verantworten) die jungen Leute in knisternde,
wehende Zirkuliröfen der Liebe umsetzen, welche
darüber zerspringen und verkalken und nach der Ko¬
pulation nicht mehr zu heizen sind. Ernestine ge¬
hörte unter die Töchter, die bei der Hand sind,
wenn man ihnen befiehlt, "künftigen Sonntag, so
Gott will, werde um 4 Uhr in den Herrn A -- Z,
wenn er kömmt -- verliebt." Der Rittmeister, biß
im Artikel der Liebe überhaupt, weder in den gäh¬
renden Pumpernickel der physischen -- noch in das
weisse kraftlose Waizenbrod der parisischen -- noch
in das Quitten- und Himmelsbrod der platonischen,
sondern in einen hübschen Schnitt Gesindebrod der
ehelichen Liebe: er war 37 Jahre alt.

Sechzehn Jahre früher hatt' er sich einen
Bissen vom gedachten Pumpernickel abgeschnitten:
seine Geliebte und sein Sohn wurden nachher vom
ehrlichen Kommerzien-Agenten Röper geheirathet.

Wir Belletristen hingegen könnens recht sehr
bei unsern Romanen brauchen, daß es unserem Ma¬

Die erſten 14 Tage wurd' in der That zu nach¬
laͤßig geſpielt und — geliebt. Allein damals hatten
weder andre geſcheute Leute noch ich ſelber jene hi¬
tzige Romane geſchrieben, wodurch wir (wir habens
zu verantworten) die jungen Leute in kniſternde,
wehende Zirkuliroͤfen der Liebe umſetzen, welche
daruͤber zerſpringen und verkalken und nach der Ko¬
pulation nicht mehr zu heizen ſind. Erneſtine ge¬
hoͤrte unter die Toͤchter, die bei der Hand ſind,
wenn man ihnen befiehlt, „kuͤnftigen Sonntag, ſo
Gott will, werde um 4 Uhr in den Herrn A — Z,
wenn er koͤmmt — verliebt.“ Der Rittmeiſter, biß
im Artikel der Liebe uͤberhaupt, weder in den gaͤh¬
renden Pumpernickel der phyſiſchen — noch in das
weiſſe kraftloſe Waizenbrod der pariſiſchen — noch
in das Quitten- und Himmelsbrod der platoniſchen,
ſondern in einen huͤbſchen Schnitt Geſindebrod der
ehelichen Liebe: er war 37 Jahre alt.

Sechzehn Jahre fruͤher hatt' er ſich einen
Biſſen vom gedachten Pumpernickel abgeſchnitten:
ſeine Geliebte und ſein Sohn wurden nachher vom
ehrlichen Kommerzien-Agenten Roͤper geheirathet.

Wir Belletriſten hingegen koͤnnens recht ſehr
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[6/0042] Die erſten 14 Tage wurd' in der That zu nach¬ laͤßig geſpielt und — geliebt. Allein damals hatten weder andre geſcheute Leute noch ich ſelber jene hi¬ tzige Romane geſchrieben, wodurch wir (wir habens zu verantworten) die jungen Leute in kniſternde, wehende Zirkuliroͤfen der Liebe umſetzen, welche daruͤber zerſpringen und verkalken und nach der Ko¬ pulation nicht mehr zu heizen ſind. Erneſtine ge¬ hoͤrte unter die Toͤchter, die bei der Hand ſind, wenn man ihnen befiehlt, „kuͤnftigen Sonntag, ſo Gott will, werde um 4 Uhr in den Herrn A — Z, wenn er koͤmmt — verliebt.“ Der Rittmeiſter, biß im Artikel der Liebe uͤberhaupt, weder in den gaͤh¬ renden Pumpernickel der phyſiſchen — noch in das weiſſe kraftloſe Waizenbrod der pariſiſchen — noch in das Quitten- und Himmelsbrod der platoniſchen, ſondern in einen huͤbſchen Schnitt Geſindebrod der ehelichen Liebe: er war 37 Jahre alt. Sechzehn Jahre fruͤher hatt' er ſich einen Biſſen vom gedachten Pumpernickel abgeſchnitten: ſeine Geliebte und ſein Sohn wurden nachher vom ehrlichen Kommerzien-Agenten Roͤper geheirathet. Wir Belletriſten hingegen koͤnnens recht ſehr bei unſern Romanen brauchen, daß es unſerem Ma¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/42>, abgerufen am 24.11.2024.