Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.drei Blicke machten und versiegelten jene -- schon drei Blicke machten und verſiegelten jene — ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0395" n="359"/> drei Blicke machten und verſiegelten <hi rendition="#g">jene</hi> — ſchon<lb/> Blicke reden in dieſer nackten Entkoͤrperung der See¬<lb/> len eine zu ſchreiende Sprache — aber als Guſtav<lb/><hi rendition="#g">dieſen</hi>, vom ſchoͤnſten Enthuſiaſmus uͤber Verdacht<lb/> und Furcht hinuͤbergehoben, ſeinem Freunde anſag¬<lb/> te; als er ihm, der noch nichts davon begrif, ſei¬<lb/> ne neue Wandnachbarſchaft und den Verluſt der<lb/> alten kund that: — zerflogen war der Freund und<lb/> ein ſchwarzer Feind ſprang aus ſeiner Aſche heraus<lb/> — dieſe Minute benuͤtzte der Tod und ſchlug die<lb/> letzten Wurzelfaſer ſeines wankenden Lebens gar<lb/> entzwei. . . . Guſtav ſtand zu hoch, um zu zuͤr¬<lb/> nen — aber er muſte ſich noch hoͤher ſtellen — er<lb/> fiel um ihn und ſagte mit entſchloſſener reiner<lb/> Stimme: „zuͤrne und haſſe, aber ich muß dir ver¬<lb/> geben und dich lieben — mein ganzes Herz mit al¬<lb/> lem ſeinem Blut bleibet deinem getreu und ſucht<lb/> es auf in deiner Bruſt — und wenn du mich auch<lb/> kuͤnftig verkenneſt: ſo will ich doch alle Wochen<lb/> kommen, ich will dich anſehen, ich will dir zuhoͤ¬<lb/> ren, wenn du mit einem Fremden redeſt und wenn<lb/> du mich dann mit Haß anblickſt: ſo will ich mit<lb/> einem Seufzer gehen, aber dich doch lieben — ach<lb/> ich werde alsdann daran denken daß deine Augen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [359/0395]
drei Blicke machten und verſiegelten jene — ſchon
Blicke reden in dieſer nackten Entkoͤrperung der See¬
len eine zu ſchreiende Sprache — aber als Guſtav
dieſen, vom ſchoͤnſten Enthuſiaſmus uͤber Verdacht
und Furcht hinuͤbergehoben, ſeinem Freunde anſag¬
te; als er ihm, der noch nichts davon begrif, ſei¬
ne neue Wandnachbarſchaft und den Verluſt der
alten kund that: — zerflogen war der Freund und
ein ſchwarzer Feind ſprang aus ſeiner Aſche heraus
— dieſe Minute benuͤtzte der Tod und ſchlug die
letzten Wurzelfaſer ſeines wankenden Lebens gar
entzwei. . . . Guſtav ſtand zu hoch, um zu zuͤr¬
nen — aber er muſte ſich noch hoͤher ſtellen — er
fiel um ihn und ſagte mit entſchloſſener reiner
Stimme: „zuͤrne und haſſe, aber ich muß dir ver¬
geben und dich lieben — mein ganzes Herz mit al¬
lem ſeinem Blut bleibet deinem getreu und ſucht
es auf in deiner Bruſt — und wenn du mich auch
kuͤnftig verkenneſt: ſo will ich doch alle Wochen
kommen, ich will dich anſehen, ich will dir zuhoͤ¬
ren, wenn du mit einem Fremden redeſt und wenn
du mich dann mit Haß anblickſt: ſo will ich mit
einem Seufzer gehen, aber dich doch lieben — ach
ich werde alsdann daran denken daß deine Augen,
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/395>, abgerufen am 23.07.2024. |