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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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ben blutet und der noch nie den schwarzen Anblick
einer öffentlichen Bestrafung erlebt hatte, in Ohn¬
macht
zusammen: sein erster Laut nach der Bele¬
bung war: "Soldat gewesen auf ewig! -- Wenn
der arme Officier unschuldig war oder wenn er bes¬
ser wird: wer giebt ihm die ermordete Ehre wie¬
der? -- Nur der untrügliche Gott kann sie neh¬
men; aber der Kriegsrath sollte nichts nehmen
als das Leben! -- die Bleikugel aber nicht die In¬
famie!" beschloß er mit einem konvulsivischen
Blick. Ich denke, er hat Recht. Zwei Tage war
er krank und seine Phantasien schleiften ihn in die
Räuber-Katakomben des Infamierten hinein -- --
zum neuen Beweis, daß die Fieberbilder der Ar¬
men aus dem Krankenbette ins Grab hineingefol¬
terten Menschen nicht immer die Steckbriefe und
Denuntianten ihres Innern sind! gemarterte Brü¬
der! wie lieb' ich euch jezt und den sanften Gu¬
stav in dieser Minute, wo meine Phantasie unter
euch alle hineinblickt, wie ihr vom Zickzack des
Schicksals herumgetrieben, mit eueren Wunden,
und Thränen müde nebeneinander stehet, einander
umfasset, einander beklagt und einander -- be¬
grabet! --

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ben blutet und der noch nie den ſchwarzen Anblick
einer oͤffentlichen Beſtrafung erlebt hatte, in Ohn¬
macht
zuſammen: ſein erſter Laut nach der Bele¬
bung war: „Soldat geweſen auf ewig! — Wenn
der arme Officier unſchuldig war oder wenn er beſ¬
ſer wird: wer giebt ihm die ermordete Ehre wie¬
der? — Nur der untruͤgliche Gott kann ſie neh¬
men; aber der Kriegsrath ſollte nichts nehmen
als das Leben! — die Bleikugel aber nicht die In¬
famie!“ beſchloß er mit einem konvulſiviſchen
Blick. Ich denke, er hat Recht. Zwei Tage war
er krank und ſeine Phantaſien ſchleiften ihn in die
Raͤuber-Katakomben des Infamierten hinein — —
zum neuen Beweis, daß die Fieberbilder der Ar¬
men aus dem Krankenbette ins Grab hineingefol¬
terten Menſchen nicht immer die Steckbriefe und
Denuntianten ihres Innern ſind! gemarterte Bruͤ¬
der! wie lieb' ich euch jezt und den ſanften Gu¬
ſtav in dieſer Minute, wo meine Phantaſie unter
euch alle hineinblickt, wie ihr vom Zickzack des
Schickſals herumgetrieben, mit eueren Wunden,
und Thraͤnen muͤde nebeneinander ſtehet, einander
umfaſſet, einander beklagt und einander — be¬
grabet! —

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[355/0391] ben blutet und der noch nie den ſchwarzen Anblick einer oͤffentlichen Beſtrafung erlebt hatte, in Ohn¬ macht zuſammen: ſein erſter Laut nach der Bele¬ bung war: „Soldat geweſen auf ewig! — Wenn der arme Officier unſchuldig war oder wenn er beſ¬ ſer wird: wer giebt ihm die ermordete Ehre wie¬ der? — Nur der untruͤgliche Gott kann ſie neh¬ men; aber der Kriegsrath ſollte nichts nehmen als das Leben! — die Bleikugel aber nicht die In¬ famie!“ beſchloß er mit einem konvulſiviſchen Blick. Ich denke, er hat Recht. Zwei Tage war er krank und ſeine Phantaſien ſchleiften ihn in die Raͤuber-Katakomben des Infamierten hinein — — zum neuen Beweis, daß die Fieberbilder der Ar¬ men aus dem Krankenbette ins Grab hineingefol¬ terten Menſchen nicht immer die Steckbriefe und Denuntianten ihres Innern ſind! gemarterte Bruͤ¬ der! wie lieb' ich euch jezt und den ſanften Gu¬ ſtav in dieſer Minute, wo meine Phantaſie unter euch alle hineinblickt, wie ihr vom Zickzack des Schickſals herumgetrieben, mit eueren Wunden, und Thraͤnen muͤde nebeneinander ſtehet, einander umfaſſet, einander beklagt und einander — be¬ grabet! — Z 3

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/391>, abgerufen am 24.11.2024.