Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

ne große keine Maske zu Stande. Oefel schrieb die¬
se gegenseitige Verwirrung nicht wie ich, der ge¬
genseitigen Erinnerung an die Portrait-Affaire,
sondern die Gustavische der Residentin, und die
weibliche sich selber zu.

"Jetzt hab' ich ihn, wo ich ihn haben will!"
sagt' er und ließ sich von ihm bis ins alte Schloß
begleiten. "Wenn wir nun beide da blieben!" sagt'
er. Die aus andern Gründen herausgeseufzete Ant¬
wort der Unmöglichkeit war was er begehrte.
"Gleich wohl! Sie werden mein Legationssekretair!"
fuhr er mit einem seinen auf Ueberraschung lauern¬
den Blicke fort.

Es fiel anders aus: Gustav mochte gar nicht
-- aus Furcht vor Höfen, vor seinem Vater, aus
Schaam der Veränderung, aus Liebe der Stille.
-- Oefel stand dumm vor sich selber da und sah
den schwimmenden Trümmern seines gescheiterten
Plans noch. Es ist wahr, es blieb ihm allemal
der Nutzen daraus, daß er den ganzen Schifbruch
in seinen Roman thun konnte -- aber der Sekre¬
tair war weg! -- Er hatte ihn nicht unvernünf¬
tig schon im voraus zum Legations-Sekretariat
voziert: denn an den Scheerauer Thron ist eine

ne große keine Maske zu Stande. Oefel ſchrieb die¬
ſe gegenſeitige Verwirrung nicht wie ich, der ge¬
genſeitigen Erinnerung an die Portrait-Affaire,
ſondern die Guſtaviſche der Reſidentin, und die
weibliche ſich ſelber zu.

„Jetzt hab' ich ihn, wo ich ihn haben will!“
ſagt' er und ließ ſich von ihm bis ins alte Schloß
begleiten. „Wenn wir nun beide da blieben!“ ſagt'
er. Die aus andern Gruͤnden herausgeſeufzete Ant¬
wort der Unmoͤglichkeit war was er begehrte.
„Gleich wohl! Sie werden mein Legationsſekretair!“
fuhr er mit einem ſeinen auf Ueberraſchung lauern¬
den Blicke fort.

Es fiel anders aus: Guſtav mochte gar nicht
— aus Furcht vor Hoͤfen, vor ſeinem Vater, aus
Schaam der Veraͤnderung, aus Liebe der Stille.
— Oefel ſtand dumm vor ſich ſelber da und ſah
den ſchwimmenden Truͤmmern ſeines geſcheiterten
Plans noch. Es iſt wahr, es blieb ihm allemal
der Nutzen daraus, daß er den ganzen Schifbruch
in ſeinen Roman thun konnte — aber der Sekre¬
tair war weg! — Er hatte ihn nicht unvernuͤnf¬
tig ſchon im voraus zum Legations-Sekretariat
voziert: denn an den Scheerauer Thron iſt eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0384" n="348"/>
ne große keine Maske zu Stande. Oefel &#x017F;chrieb die¬<lb/>
&#x017F;e gegen&#x017F;eitige Verwirrung nicht wie ich, der ge¬<lb/>
gen&#x017F;eitigen Erinnerung an die Portrait-Affaire,<lb/>
&#x017F;ondern die Gu&#x017F;tavi&#x017F;che der Re&#x017F;identin, und die<lb/>
weibliche &#x017F;ich &#x017F;elber zu.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jetzt hab' ich ihn, wo ich ihn haben will!&#x201C;<lb/>
&#x017F;agt' er und ließ &#x017F;ich von ihm bis ins alte Schloß<lb/>
begleiten. &#x201E;Wenn wir nun beide da blieben!&#x201C; &#x017F;agt'<lb/>
er. Die aus andern Gru&#x0364;nden herausge&#x017F;eufzete Ant¬<lb/>
wort der Unmo&#x0364;glichkeit war was er begehrte.<lb/>
&#x201E;Gleich wohl! Sie werden mein Legations&#x017F;ekretair!&#x201C;<lb/>
fuhr er mit einem &#x017F;einen auf Ueberra&#x017F;chung lauern¬<lb/>
den Blicke fort.</p><lb/>
          <p>Es fiel anders aus: Gu&#x017F;tav mochte gar nicht<lb/>
&#x2014; aus Furcht vor Ho&#x0364;fen, vor &#x017F;einem Vater, aus<lb/>
Schaam der Vera&#x0364;nderung, aus Liebe der Stille.<lb/>
&#x2014; Oefel &#x017F;tand dumm vor &#x017F;ich &#x017F;elber da und &#x017F;ah<lb/>
den &#x017F;chwimmenden Tru&#x0364;mmern &#x017F;eines ge&#x017F;cheiterten<lb/>
Plans noch. Es i&#x017F;t wahr, es blieb ihm allemal<lb/><hi rendition="#g">der</hi> Nutzen daraus, daß er den ganzen Schifbruch<lb/>
in &#x017F;einen Roman thun konnte &#x2014; aber der Sekre¬<lb/>
tair war weg! &#x2014; Er hatte ihn nicht unvernu&#x0364;nf¬<lb/>
tig &#x017F;chon im voraus zum Legations-Sekretariat<lb/>
voziert: denn an den Scheerauer Thron i&#x017F;t eine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0384] ne große keine Maske zu Stande. Oefel ſchrieb die¬ ſe gegenſeitige Verwirrung nicht wie ich, der ge¬ genſeitigen Erinnerung an die Portrait-Affaire, ſondern die Guſtaviſche der Reſidentin, und die weibliche ſich ſelber zu. „Jetzt hab' ich ihn, wo ich ihn haben will!“ ſagt' er und ließ ſich von ihm bis ins alte Schloß begleiten. „Wenn wir nun beide da blieben!“ ſagt' er. Die aus andern Gruͤnden herausgeſeufzete Ant¬ wort der Unmoͤglichkeit war was er begehrte. „Gleich wohl! Sie werden mein Legationsſekretair!“ fuhr er mit einem ſeinen auf Ueberraſchung lauern¬ den Blicke fort. Es fiel anders aus: Guſtav mochte gar nicht — aus Furcht vor Hoͤfen, vor ſeinem Vater, aus Schaam der Veraͤnderung, aus Liebe der Stille. — Oefel ſtand dumm vor ſich ſelber da und ſah den ſchwimmenden Truͤmmern ſeines geſcheiterten Plans noch. Es iſt wahr, es blieb ihm allemal der Nutzen daraus, daß er den ganzen Schifbruch in ſeinen Roman thun konnte — aber der Sekre¬ tair war weg! — Er hatte ihn nicht unvernuͤnf¬ tig ſchon im voraus zum Legations-Sekretariat voziert: denn an den Scheerauer Thron iſt eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/384
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/384>, abgerufen am 24.11.2024.