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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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zu beschiessen, wenigstens zu blokiren vorhatte. --
-- Fort mußt' er also; aber Gustav sollte auch
mit.

"Das ist den Augenblick zu machen" (dachte
Oefel) "er soll mich am Ende selber um das bitten,
um was ich ihn bitte." Ihm war nichts lieber
als eine Gelegenheit, jemand zu seinem Zweck zu
lenken -- das Lenken war ihm noch lieber als das
Ziel, wie er in der Liebe die Kriegsoperationen
der Beute vorzog. Er hätte als Gesandter aus
Krieg Frieden und aus Frieden Krieg gemacht, um
nur zu unterhandeln. -- Er zog, um Gustaven
nahe zu kommen, seine erste Parallele: d. h. er
stach ihm mit seiner spitzen Zunge ein schönes Bild
der Höfe aus -- daß sie allein das savoir vivre leh¬
ren, und das Sprechen (wie denn auch die Hun¬
de, je kultivirter sie sind, desto mehr bellen, der
Schooßhund mehr als der Hirtenhund, der wilde
gar nicht) und alles -- daß durch sie ein Paradie¬
ses-Strom von Freuden brause -- daß man da an
der Quelle seines Glücks, am Ohre des Fürsten
und am Knoten der größten Verbindungen stehe --
daß man intriguiren, erobern etc. könne. Es war
in Oefels Plan; dem kleinen Großsultan nicht ein¬

zu beſchieſſen, wenigſtens zu blokiren vorhatte. —
— Fort mußt' er alſo; aber Guſtav ſollte auch
mit.

„Das iſt den Augenblick zu machen“ (dachte
Oefel) „er ſoll mich am Ende ſelber um das bitten,
um was ich ihn bitte.“ Ihm war nichts lieber
als eine Gelegenheit, jemand zu ſeinem Zweck zu
lenken — das Lenken war ihm noch lieber als das
Ziel, wie er in der Liebe die Kriegsoperationen
der Beute vorzog. Er haͤtte als Geſandter aus
Krieg Frieden und aus Frieden Krieg gemacht, um
nur zu unterhandeln. — Er zog, um Guſtaven
nahe zu kommen, ſeine erſte Parallele: d. h. er
ſtach ihm mit ſeiner ſpitzen Zunge ein ſchoͤnes Bild
der Hoͤfe aus — daß ſie allein das ſavoir vivre leh¬
ren, und das Sprechen (wie denn auch die Hun¬
de, je kultivirter ſie ſind, deſto mehr bellen, der
Schooßhund mehr als der Hirtenhund, der wilde
gar nicht) und alles — daß durch ſie ein Paradie¬
ſes-Strom von Freuden brauſe — daß man da an
der Quelle ſeines Gluͤcks, am Ohre des Fuͤrſten
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[346/0382] zu beſchieſſen, wenigſtens zu blokiren vorhatte. — — Fort mußt' er alſo; aber Guſtav ſollte auch mit. „Das iſt den Augenblick zu machen“ (dachte Oefel) „er ſoll mich am Ende ſelber um das bitten, um was ich ihn bitte.“ Ihm war nichts lieber als eine Gelegenheit, jemand zu ſeinem Zweck zu lenken — das Lenken war ihm noch lieber als das Ziel, wie er in der Liebe die Kriegsoperationen der Beute vorzog. Er haͤtte als Geſandter aus Krieg Frieden und aus Frieden Krieg gemacht, um nur zu unterhandeln. — Er zog, um Guſtaven nahe zu kommen, ſeine erſte Parallele: d. h. er ſtach ihm mit ſeiner ſpitzen Zunge ein ſchoͤnes Bild der Hoͤfe aus — daß ſie allein das ſavoir vivre leh¬ ren, und das Sprechen (wie denn auch die Hun¬ de, je kultivirter ſie ſind, deſto mehr bellen, der Schooßhund mehr als der Hirtenhund, der wilde gar nicht) und alles — daß durch ſie ein Paradie¬ ſes-Strom von Freuden brauſe — daß man da an der Quelle ſeines Gluͤcks, am Ohre des Fuͤrſten und am Knoten der groͤßten Verbindungen ſtehe — daß man intriguiren, erobern ꝛc. koͤnne. Es war in Oefels Plan; dem kleinen Großſultan nicht ein¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/382>, abgerufen am 24.11.2024.