Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.Gustav und Amandus! hier versöhnet euch *) Diese wenigen Partien beschreib' ich nur kurz: Ruhe¬
statt ist ein abgebranntes Dorf mit stehender Kirche, die beide bleiben mußten wie sie waren nachdem die Fürstin den Einwohnern Platz und alles, eine Viertelstunde da¬ von mit den größten Kosten und durch Hülfe des H. v. O[t]tomars, dems gehört und der noch nicht da ist, ver¬ gütet hatte. -- Die Blumeninseln sind einzelne abge¬ sonderte Rasenerhöhungen in einem Teiche, jede mit Ei¬ ner andern Blume geputzt. -- Dies Schattenreich besteht in unendlich verschiednen Schatten-Gegitter und Geniste, durch großes und kleines Laubwerk, durch Aeste und Gitterwerk, durch Büsche und Bäume verschieden auf den Grund von Kieß, Graß oder Wasser gemahlt; sie hatte die tiefsten und die hellsten Schattenparthien an¬ gelegt, einige für den abnehmenden Mond, andre für das Abendroth. -- Das stumme Kabinet war ein schlechtes Häusgen mit zwei entgegengesetzten Thüren, über deren jeder ein Flohr hieng und die durchaus keine Hand aufschließen durfte als die der Fürstin. Noch jezt weiß man nicht, was darin ist, aber die Flöhre sind zerstöhrt. Guſtav und Amandus! hier verſoͤhnet euch *) Dieſe wenigen Partien beſchreib' ich nur kurz: Ruhe¬
ſtatt iſt ein abgebranntes Dorf mit ſtehender Kirche, die beide bleiben mußten wie ſie waren nachdem die Fürſtin den Einwohnern Platz und alles, eine Viertelſtunde da¬ von mit den größten Koſten und durch Hülfe des H. v. O[t]tomars, dems gehört und der noch nicht da iſt, ver¬ gütet hatte. — Die Blumeninſeln ſind einzelne abge¬ ſonderte Raſenerhöhungen in einem Teiche, jede mit Ei¬ ner andern Blume geputzt. — Dies Schattenreich beſteht in unendlich verſchiednen Schatten-Gegitter und Geniſte, durch großes und kleines Laubwerk, durch Aeſte und Gitterwerk, durch Büſche und Bäume verſchieden auf den Grund von Kieß, Graß oder Waſſer gemahlt; ſie hatte die tiefſten und die hellſten Schattenparthien an¬ gelegt, einige für den abnehmenden Mond, andre für das Abendroth. — Das ſtumme Kabinet war ein ſchlechtes Häusgen mit zwei entgegengeſetzten Thüren, über deren jeder ein Flohr hieng und die durchaus keine Hand aufſchließen durfte als die der Fürſtin. Noch jezt weiß man nicht, was darin iſt, aber die Flöhre ſind zerſtöhrt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0366" n="330"/> <p>Guſtav und Amandus! hier verſoͤhnet euch<lb/> noch einmal — der rothe Sonnenrand ſteht ſchon<lb/> auf dem Rande der Erde — das Waſſer und das<lb/> Leben rinnen fort und ſtocken unten im Grabe —<lb/> nehmet euch an den Haͤnden, wenn ihr auf das<lb/> zerſtoͤhrte <hi rendition="#g">Ruheſtatt</hi> <note place="foot" n="*)"><lb/> Dieſe wenigen Partien beſchreib' ich nur kurz: <hi rendition="#g">Ruhe¬<lb/> ſtatt</hi> iſt ein abgebranntes Dorf mit ſtehender Kirche, die<lb/> beide bleiben mußten wie ſie waren nachdem die Fürſtin<lb/> den Einwohnern Platz und alles, eine Viertelſtunde da¬<lb/> von mit den größten Koſten und durch Hülfe des H. v.<lb/> O<supplied>t</supplied>tomars, dems gehört und der noch nicht da iſt, ver¬<lb/> gütet hatte. — Die <hi rendition="#g">Blumeninſeln</hi> ſind einzelne abge¬<lb/> ſonderte Raſenerhöhungen in einem Teiche, jede mit <hi rendition="#g">Ei¬<lb/> ner</hi> andern Blume geputzt. — Dies <hi rendition="#g">Schattenreich</hi><lb/> beſteht in unendlich verſchiednen Schatten-Gegitter und<lb/> Geniſte, durch großes und kleines Laubwerk, durch Aeſte<lb/><choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> Gitterwerk, durch Büſche und Bäume verſchieden<lb/> auf den Grund von Kieß, Graß oder Waſſer gemahlt;<lb/> ſie hatte die tiefſten und die hellſten Schattenparthien an¬<lb/> gelegt, einige für den abnehmenden Mond, andre für<lb/> das Abendroth. — Das <hi rendition="#g">ſtumme Kabinet</hi> war ein<lb/> ſchlechtes Häusgen mit zwei entgegengeſetzten Thüren, über<lb/> deren jeder ein Flohr hieng und die durchaus keine Hand<lb/> aufſchließen durfte als die der Fürſtin. Noch jezt weiß<lb/> man nicht, was darin iſt, aber die Flöhre ſind zerſtöhrt.</note> hinuͤberſchauet und auf<lb/> ſeine ſtehende Kirche, das Bild der ungluͤcklichen<lb/> Tugend — oder wenn ihr auf die <hi rendition="#g">Blumenin¬<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [330/0366]
Guſtav und Amandus! hier verſoͤhnet euch
noch einmal — der rothe Sonnenrand ſteht ſchon
auf dem Rande der Erde — das Waſſer und das
Leben rinnen fort und ſtocken unten im Grabe —
nehmet euch an den Haͤnden, wenn ihr auf das
zerſtoͤhrte Ruheſtatt *) hinuͤberſchauet und auf
ſeine ſtehende Kirche, das Bild der ungluͤcklichen
Tugend — oder wenn ihr auf die Blumenin¬
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Dieſe wenigen Partien beſchreib' ich nur kurz: Ruhe¬
ſtatt iſt ein abgebranntes Dorf mit ſtehender Kirche, die
beide bleiben mußten wie ſie waren nachdem die Fürſtin
den Einwohnern Platz und alles, eine Viertelſtunde da¬
von mit den größten Koſten und durch Hülfe des H. v.
Ottomars, dems gehört und der noch nicht da iſt, ver¬
gütet hatte. — Die Blumeninſeln ſind einzelne abge¬
ſonderte Raſenerhöhungen in einem Teiche, jede mit Ei¬
ner andern Blume geputzt. — Dies Schattenreich
beſteht in unendlich verſchiednen Schatten-Gegitter und
Geniſte, durch großes und kleines Laubwerk, durch Aeſte
und Gitterwerk, durch Büſche und Bäume verſchieden
auf den Grund von Kieß, Graß oder Waſſer gemahlt;
ſie hatte die tiefſten und die hellſten Schattenparthien an¬
gelegt, einige für den abnehmenden Mond, andre für
das Abendroth. — Das ſtumme Kabinet war ein
ſchlechtes Häusgen mit zwei entgegengeſetzten Thüren, über
deren jeder ein Flohr hieng und die durchaus keine Hand
aufſchließen durfte als die der Fürſtin. Noch jezt weiß
man nicht, was darin iſt, aber die Flöhre ſind zerſtöhrt.
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