von der der Tod wenn er vorbeigeht und die un¬ ter Körnern und Regentropfen gebückte Aehre erblickt, bemerkt: sie ist schon zeitig. -- Und gleich wohl was kann ich jenen Seelen in den Augenblicken des Abschieds, die man so gern mit tausend Worten überladen möchte und eben des¬ wegen bloß mit Blicken ausfüllt, noch zu sa¬ gen haben oder zu sagen wissen als meine ewi¬ gen Wünsche für sie: findet auf diesem (von uns Erdball genannten) organischen Kügel¬ gen, das mehr begraset als beblümet ist, die wenigen Blumen im Nebel, der um sie hängt -- seid mit euren elysisichen Träumen zu¬ frieden und begehret ihre Erfüllung und Verkör¬ perung (d. h. Verknöcherung) nicht: denn auf der Erde ist ein erfüllter Traum ohne¬ hin bloß ein wiederholter -- von außen seid wie euer Körper, von Erde und bloß in¬ nen beseelt und vom Himmel und haltet es für schwerer und nöthiger, die zu lieben, die euch verachten, als die, die euch hassen -- und wenn unser Abend da ist, so werfe die Sonne
von der der Tod wenn er vorbeigeht und die un¬ ter Koͤrnern und Regentropfen gebuͤckte Aehre erblickt, bemerkt: ſie iſt ſchon zeitig. — Und gleich wohl was kann ich jenen Seelen in den Augenblicken des Abſchieds, die man ſo gern mit tauſend Worten uͤberladen moͤchte und eben des¬ wegen bloß mit Blicken ausfuͤllt, noch zu ſa¬ gen haben oder zu ſagen wiſſen als meine ewi¬ gen Wuͤnſche fuͤr ſie: findet auf dieſem (von uns Erdball genannten) organiſchen Kuͤgel¬ gen, das mehr begraſet als bebluͤmet iſt, die wenigen Blumen im Nebel, der um ſie haͤngt — ſeid mit euren elyſiſichen Traͤumen zu¬ frieden und begehret ihre Erfuͤllung und Verkoͤr¬ perung (d. h. Verknoͤcherung) nicht: denn auf der Erde iſt ein erfuͤllter Traum ohne¬ hin bloß ein wiederholter — von außen ſeid wie euer Koͤrper, von Erde und bloß in¬ nen beſeelt und vom Himmel und haltet es fuͤr ſchwerer und noͤthiger, die zu lieben, die euch verachten, als die, die euch haſſen — und wenn unſer Abend da iſt, ſo werfe die Sonne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0034"n="XXM[XXII]"/>
von der der Tod wenn er vorbeigeht und die un¬<lb/>
ter Koͤrnern und Regentropfen gebuͤckte Aehre<lb/>
erblickt, bemerkt: ſie iſt ſchon zeitig. — Und<lb/>
gleich wohl was kann ich jenen Seelen in den<lb/>
Augenblicken des Abſchieds, die man ſo gern mit<lb/>
tauſend Worten uͤberladen moͤchte und eben des¬<lb/>
wegen bloß mit Blicken ausfuͤllt, noch zu ſa¬<lb/>
gen haben oder zu ſagen wiſſen als meine ewi¬<lb/>
gen Wuͤnſche fuͤr ſie: findet auf dieſem (von<lb/>
uns Erdball genannten) <hirendition="#g">organiſchen Kuͤgel¬<lb/>
gen</hi>, das mehr <hirendition="#g">begraſet</hi> als <hirendition="#g">bebluͤmet</hi> iſt,<lb/>
die wenigen Blumen im Nebel, der um ſie<lb/>
haͤngt —ſeid mit euren elyſiſichen Traͤumen zu¬<lb/>
frieden und begehret ihre Erfuͤllung und Verkoͤr¬<lb/>
perung (d. h. Verknoͤcherung) nicht: denn <hirendition="#g">auf<lb/>
der Erde iſt ein erfuͤllter Traum ohne¬<lb/>
hin bloß ein wiederholter</hi>— von außen<lb/>ſeid wie euer Koͤrper, von Erde und bloß in¬<lb/>
nen beſeelt und vom Himmel und haltet es fuͤr<lb/>ſchwerer und noͤthiger, die zu lieben, die euch<lb/>
verachten, als die, die euch haſſen — und<lb/>
wenn unſer Abend da iſt, ſo werfe die Sonne<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[XXM[XXII]/0034]
von der der Tod wenn er vorbeigeht und die un¬
ter Koͤrnern und Regentropfen gebuͤckte Aehre
erblickt, bemerkt: ſie iſt ſchon zeitig. — Und
gleich wohl was kann ich jenen Seelen in den
Augenblicken des Abſchieds, die man ſo gern mit
tauſend Worten uͤberladen moͤchte und eben des¬
wegen bloß mit Blicken ausfuͤllt, noch zu ſa¬
gen haben oder zu ſagen wiſſen als meine ewi¬
gen Wuͤnſche fuͤr ſie: findet auf dieſem (von
uns Erdball genannten) organiſchen Kuͤgel¬
gen, das mehr begraſet als bebluͤmet iſt,
die wenigen Blumen im Nebel, der um ſie
haͤngt — ſeid mit euren elyſiſichen Traͤumen zu¬
frieden und begehret ihre Erfuͤllung und Verkoͤr¬
perung (d. h. Verknoͤcherung) nicht: denn auf
der Erde iſt ein erfuͤllter Traum ohne¬
hin bloß ein wiederholter — von außen
ſeid wie euer Koͤrper, von Erde und bloß in¬
nen beſeelt und vom Himmel und haltet es fuͤr
ſchwerer und noͤthiger, die zu lieben, die euch
verachten, als die, die euch haſſen — und
wenn unſer Abend da iſt, ſo werfe die Sonne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. XXM[XXII]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/34>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.