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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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abfiel und dem die Schwester ihn wieder reichte.
Auf einmal knickte die Blume zusammen und nie¬
derfallend sah er drei weiße Mondsstrahlen seinen
Freund in den Himmel ziehen, der die Blicke ab¬
wärts gegen den Gefallnen drehte. Er erwachte --
außer dem Bette am ofnen Fenster lehnend, das
über den Garten ins schlafende Auenthal sah. Der
Himmel sank in einem stummen Strahlen-Regen
nieder -- am leuchtenden Universum regte sich
nichts als die Strahlen-spitzen der Fixsterne -- die
Häuser standen wie Grabmähler, in denen die
Sterblichen ausschließen -- die Träume giengen in
den geschlossenen Sinnen der Sterblichen aus und
ein und der Tod trat zuweilen ein Haupt und
den Traum darin entzwei. Der Himmel schien
Gustaven an sein Fenster gesunken. "O kehr' um,
komm' wieder, Geliebter! -- (rief er, durch Traum
und Gegenwart dahin gerissen) o du warst da, du
suchest mich! Erscheine mir, tödte mich! -- Ach
du tausendfach Geliebter! sende mir von deinem
Himmel wenigstens deine Stimme!" -- Unverse¬
hends schnitt etwas vor dem Fenster die Luft ent¬
zwei und rief "Gustav" und im fernen Weiterflie¬
gen riefs zweimal höher herab "Gustav Gustav."

abfiel und dem die Schweſter ihn wieder reichte.
Auf einmal knickte die Blume zuſammen und nie¬
derfallend ſah er drei weiße Mondsſtrahlen ſeinen
Freund in den Himmel ziehen, der die Blicke ab¬
waͤrts gegen den Gefallnen drehte. Er erwachte —
außer dem Bette am ofnen Fenſter lehnend, das
uͤber den Garten ins ſchlafende Auenthal ſah. Der
Himmel ſank in einem ſtummen Strahlen-Regen
nieder — am leuchtenden Univerſum regte ſich
nichts als die Strahlen-ſpitzen der Fixſterne — die
Haͤuſer ſtanden wie Grabmaͤhler, in denen die
Sterblichen ausſchließen — die Traͤume giengen in
den geſchloſſenen Sinnen der Sterblichen aus und
ein und der Tod trat zuweilen ein Haupt und
den Traum darin entzwei. Der Himmel ſchien
Guſtaven an ſein Fenſter geſunken. „O kehr' um,
komm' wieder, Geliebter! — (rief er, durch Traum
und Gegenwart dahin geriſſen) o du warſt da, du
ſucheſt mich! Erſcheine mir, toͤdte mich! — Ach
du tauſendfach Geliebter! ſende mir von deinem
Himmel wenigſtens deine Stimme!“ — Unverſe¬
hends ſchnitt etwas vor dem Fenſter die Luft ent¬
zwei und rief „Guſtav“ und im fernen Weiterflie¬
gen riefs zweimal hoͤher herab „Guſtav Guſtav.“

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[282/0318] abfiel und dem die Schweſter ihn wieder reichte. Auf einmal knickte die Blume zuſammen und nie¬ derfallend ſah er drei weiße Mondsſtrahlen ſeinen Freund in den Himmel ziehen, der die Blicke ab¬ waͤrts gegen den Gefallnen drehte. Er erwachte — außer dem Bette am ofnen Fenſter lehnend, das uͤber den Garten ins ſchlafende Auenthal ſah. Der Himmel ſank in einem ſtummen Strahlen-Regen nieder — am leuchtenden Univerſum regte ſich nichts als die Strahlen-ſpitzen der Fixſterne — die Haͤuſer ſtanden wie Grabmaͤhler, in denen die Sterblichen ausſchließen — die Traͤume giengen in den geſchloſſenen Sinnen der Sterblichen aus und ein und der Tod trat zuweilen ein Haupt und den Traum darin entzwei. Der Himmel ſchien Guſtaven an ſein Fenſter geſunken. „O kehr' um, komm' wieder, Geliebter! — (rief er, durch Traum und Gegenwart dahin geriſſen) o du warſt da, du ſucheſt mich! Erſcheine mir, toͤdte mich! — Ach du tauſendfach Geliebter! ſende mir von deinem Himmel wenigſtens deine Stimme!“ — Unverſe¬ hends ſchnitt etwas vor dem Fenſter die Luft ent¬ zwei und rief „Guſtav“ und im fernen Weiterflie¬ gen riefs zweimal hoͤher herab „Guſtav Guſtav.“

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/318>, abgerufen am 25.11.2024.