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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Blätter neben den Sternen -- der Nachtwind wieg¬
te sich auf dünnem Laube und auf Goldflittern der
geputzten Regina und bespühlt mit kühlen Wellen
ihre Feuerwange und Gustavs Flammenathem. . . .
Aber wahrhaftig ich behaupte, den Katheder brauch¬
te er nicht einmal, so herrlich waren Katheder und
Redner. Wie konnt' ihm dieser nöthig seyn, da
er der Braut Christi und seiner eignen erzählte;
da der ganze heutige Tag mit seinem blendenden
Nimbus wieder aufstand; da er das Mitleid in
die Brust der unbefangnen Kinder einführte und
aus ihren Auge es wieder vorpreßte; und da er
gewisse weibliche sich benetzen sah. . . . Seine eig¬
ne zergiengen in Wonne und er dehnte sein Lächeln
immer weiter auseinander, um damit sein Auge
zu bedecken, das sich schon schöner bedecket hatte.
-- -- "Gustav!" hatt' es schon zweimal vom
Schlosse gerufen, aber in dieser seligen Stunde
hört' es keiner: bis zum drittenmale die Stimme
nahe unten im Garten ertönte. Die betäubte ge¬
heime Gesellschaft rollte die Treppe hinab -- neben
ihm verweilte noch Regina unter der magischen Lau¬
be, um mit ihrer Schürze die Spuren der Erzäh¬
lung aus den Augen zu bringen und mit einer Na¬

Blaͤtter neben den Sternen — der Nachtwind wieg¬
te ſich auf duͤnnem Laube und auf Goldflittern der
geputzten Regina und beſpuͤhlt mit kuͤhlen Wellen
ihre Feuerwange und Guſtavs Flammenathem. . . .
Aber wahrhaftig ich behaupte, den Katheder brauch¬
te er nicht einmal, ſo herrlich waren Katheder und
Redner. Wie konnt' ihm dieſer noͤthig ſeyn, da
er der Braut Chriſti und ſeiner eignen erzaͤhlte;
da der ganze heutige Tag mit ſeinem blendenden
Nimbus wieder aufſtand; da er das Mitleid in
die Bruſt der unbefangnen Kinder einfuͤhrte und
aus ihren Auge es wieder vorpreßte; und da er
gewiſſe weibliche ſich benetzen ſah. . . . Seine eig¬
ne zergiengen in Wonne und er dehnte ſein Laͤcheln
immer weiter auseinander, um damit ſein Auge
zu bedecken, das ſich ſchon ſchoͤner bedecket hatte.
— — „Guſtav!” hatt' es ſchon zweimal vom
Schloſſe gerufen, aber in dieſer ſeligen Stunde
hoͤrt' es keiner: bis zum drittenmale die Stimme
nahe unten im Garten ertoͤnte. Die betaͤubte ge¬
heime Geſellſchaft rollte die Treppe hinab — neben
ihm verweilte noch Regina unter der magiſchen Lau¬
be, um mit ihrer Schuͤrze die Spuren der Erzaͤh¬
lung aus den Augen zu bringen und mit einer Na¬

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[215/0251] Blaͤtter neben den Sternen — der Nachtwind wieg¬ te ſich auf duͤnnem Laube und auf Goldflittern der geputzten Regina und beſpuͤhlt mit kuͤhlen Wellen ihre Feuerwange und Guſtavs Flammenathem. . . . Aber wahrhaftig ich behaupte, den Katheder brauch¬ te er nicht einmal, ſo herrlich waren Katheder und Redner. Wie konnt' ihm dieſer noͤthig ſeyn, da er der Braut Chriſti und ſeiner eignen erzaͤhlte; da der ganze heutige Tag mit ſeinem blendenden Nimbus wieder aufſtand; da er das Mitleid in die Bruſt der unbefangnen Kinder einfuͤhrte und aus ihren Auge es wieder vorpreßte; und da er gewiſſe weibliche ſich benetzen ſah. . . . Seine eig¬ ne zergiengen in Wonne und er dehnte ſein Laͤcheln immer weiter auseinander, um damit ſein Auge zu bedecken, das ſich ſchon ſchoͤner bedecket hatte. — — „Guſtav!” hatt' es ſchon zweimal vom Schloſſe gerufen, aber in dieſer ſeligen Stunde hoͤrt' es keiner: bis zum drittenmale die Stimme nahe unten im Garten ertoͤnte. Die betaͤubte ge¬ heime Geſellſchaft rollte die Treppe hinab — neben ihm verweilte noch Regina unter der magiſchen Lau¬ be, um mit ihrer Schuͤrze die Spuren der Erzaͤh¬ lung aus den Augen zu bringen und mit einer Na¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/251>, abgerufen am 22.11.2024.