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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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fremden Kleidern und Orten sich fremd. Gustav
kannte keinen andern Leitton, mit Kindern ins Ge¬
spräch überzugehen, als den, in eines mit dem
Staarmatz zu gerathen. Die redenden Künste des
befiederten Linguisten machten bald die Konversazion
allgemein. Gustav fieng an Geschichtchen zu erzäh¬
len, aber vor einem jüngern und billigern Publikum
als ich: seine Geschichtchen erdachte und erzählte er
im nämlichen Augenblick und seine Phantasie stieß
mit ihren Flügeln im unermeßlichen Tummelplatz an
nichts. Ueberhaupt erfindet man gescheutere Contes
unter dem Sprechen als Schreiben und die Madame
d'Annoy, die ich lieber heirathen als lesen möchte,
würde uns großen Kindern bessere Feenmährchen ge¬
geben haben, wenn sie sie vor den Ohren kleiner er¬
funden hätte.

Unter dem Vorwande des Niedersetzens invitirte
er sein ganzes Publikum auf einen Altan, der um
einen Lindenbaum im Garten samt einer Treppe ge¬
flochten und gewölbet war . . . . Ich lasse so bald
meine Leser nicht herunter: denn Bienen, Bild¬
schnitzer und Ich lieben Linden sehr, jene des Honigs,
diese des weichen Holzes und ich des weichen Namens
und des Geruches wegen.

fremden Kleidern und Orten ſich fremd. Guſtav
kannte keinen andern Leitton, mit Kindern ins Ge¬
ſpraͤch uͤberzugehen, als den, in eines mit dem
Staarmatz zu gerathen. Die redenden Kuͤnſte des
befiederten Linguiſten machten bald die Konverſazion
allgemein. Guſtav fieng an Geſchichtchen zu erzaͤh¬
len, aber vor einem juͤngern und billigern Publikum
als ich: ſeine Geſchichtchen erdachte und erzaͤhlte er
im naͤmlichen Augenblick und ſeine Phantaſie ſtieß
mit ihren Fluͤgeln im unermeßlichen Tummelplatz an
nichts. Ueberhaupt erfindet man geſcheutere Contes
unter dem Sprechen als Schreiben und die Madame
d'Annoy, die ich lieber heirathen als leſen moͤchte,
wuͤrde uns großen Kindern beſſere Feenmaͤhrchen ge¬
geben haben, wenn ſie ſie vor den Ohren kleiner er¬
funden haͤtte.

Unter dem Vorwande des Niederſetzens invitirte
er ſein ganzes Publikum auf einen Altan, der um
einen Lindenbaum im Garten ſamt einer Treppe ge¬
flochten und gewoͤlbet war . . . . Ich laſſe ſo bald
meine Leſer nicht herunter: denn Bienen, Bild¬
ſchnitzer und Ich lieben Linden ſehr, jene des Honigs,
dieſe des weichen Holzes und ich des weichen Namens
und des Geruches wegen.

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[213/0249] fremden Kleidern und Orten ſich fremd. Guſtav kannte keinen andern Leitton, mit Kindern ins Ge¬ ſpraͤch uͤberzugehen, als den, in eines mit dem Staarmatz zu gerathen. Die redenden Kuͤnſte des befiederten Linguiſten machten bald die Konverſazion allgemein. Guſtav fieng an Geſchichtchen zu erzaͤh¬ len, aber vor einem juͤngern und billigern Publikum als ich: ſeine Geſchichtchen erdachte und erzaͤhlte er im naͤmlichen Augenblick und ſeine Phantaſie ſtieß mit ihren Fluͤgeln im unermeßlichen Tummelplatz an nichts. Ueberhaupt erfindet man geſcheutere Contes unter dem Sprechen als Schreiben und die Madame d'Annoy, die ich lieber heirathen als leſen moͤchte, wuͤrde uns großen Kindern beſſere Feenmaͤhrchen ge¬ geben haben, wenn ſie ſie vor den Ohren kleiner er¬ funden haͤtte. Unter dem Vorwande des Niederſetzens invitirte er ſein ganzes Publikum auf einen Altan, der um einen Lindenbaum im Garten ſamt einer Treppe ge¬ flochten und gewoͤlbet war . . . . Ich laſſe ſo bald meine Leſer nicht herunter: denn Bienen, Bild¬ ſchnitzer und Ich lieben Linden ſehr, jene des Honigs, dieſe des weichen Holzes und ich des weichen Namens und des Geruches wegen.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/249>, abgerufen am 22.11.2024.