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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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techismus ein Liebesbrief, in dem er sich mit ihr un¬
terredete. Wenn sie dem Senior zu antworten hatte:
wurd' er roth, "der Senior, dacht' er, kann sein
Fragen und Quälen nicht verantworten" und sein
Sehnerve ruhte tief auf ihrem Gesichte.

Da die Falkenbergischen kein besonderes Kommu¬
nizirzimmer mit sammtnen Dielen hatten: so gieng
meine Pathe an der Spitze ihrer Lehnleute um den
Altar; also auch Gustav.

Am Beichtsonnabend -- O ihr stillen Tage mei¬
ner Religionsschwärmerei geht wieder vor mir vor¬
über und gebt mir euere Kinderhand, damit ich euch
schön und sanft beschreibe. -- Am Sonnabend gieng
Gustav nach dem Essen -- schon unter demselben
konnt' er vor Liebe und Rührung seine Eltern nicht
ansehen -- die Treppe hinauf, um nach einer so schö¬
nen Sitte den Seinigen seine Fehler abzubitten. Der
Mensch ist nie so schön als wenn er Verzeihung bit¬
tet oder selber verzeiht. Er gieng langsam hinauf,
damit seine Augen trocken und seine Stimme fester
würde; aber als er vor die elterlichen kam, brach ihm
alles wieder, er hielt lange in seiner glühenden Hand
die väterliche, um etwas zu sagen, um nur die drei
Worte zu sagen: "Vater vergieb mir;" aber er fand

O

techiſmus ein Liebesbrief, in dem er ſich mit ihr un¬
terredete. Wenn ſie dem Senior zu antworten hatte:
wurd' er roth, „der Senior, dacht' er, kann ſein
Fragen und Quaͤlen nicht verantworten“ und ſein
Sehnerve ruhte tief auf ihrem Geſichte.

Da die Falkenbergiſchen kein beſonderes Kommu¬
nizirzimmer mit ſammtnen Dielen hatten: ſo gieng
meine Pathe an der Spitze ihrer Lehnleute um den
Altar; alſo auch Guſtav.

Am Beichtſonnabend — O ihr ſtillen Tage mei¬
ner Religionsſchwaͤrmerei geht wieder vor mir vor¬
uͤber und gebt mir euere Kinderhand, damit ich euch
ſchoͤn und ſanft beſchreibe. — Am Sonnabend gieng
Guſtav nach dem Eſſen — ſchon unter demſelben
konnt' er vor Liebe und Ruͤhrung ſeine Eltern nicht
anſehen — die Treppe hinauf, um nach einer ſo ſchoͤ¬
nen Sitte den Seinigen ſeine Fehler abzubitten. Der
Menſch iſt nie ſo ſchoͤn als wenn er Verzeihung bit¬
tet oder ſelber verzeiht. Er gieng langſam hinauf,
damit ſeine Augen trocken und ſeine Stimme feſter
wuͤrde; aber als er vor die elterlichen kam, brach ihm
alles wieder, er hielt lange in ſeiner gluͤhenden Hand
die vaͤterliche, um etwas zu ſagen, um nur die drei
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[209/0245] techiſmus ein Liebesbrief, in dem er ſich mit ihr un¬ terredete. Wenn ſie dem Senior zu antworten hatte: wurd' er roth, „der Senior, dacht' er, kann ſein Fragen und Quaͤlen nicht verantworten“ und ſein Sehnerve ruhte tief auf ihrem Geſichte. Da die Falkenbergiſchen kein beſonderes Kommu¬ nizirzimmer mit ſammtnen Dielen hatten: ſo gieng meine Pathe an der Spitze ihrer Lehnleute um den Altar; alſo auch Guſtav. Am Beichtſonnabend — O ihr ſtillen Tage mei¬ ner Religionsſchwaͤrmerei geht wieder vor mir vor¬ uͤber und gebt mir euere Kinderhand, damit ich euch ſchoͤn und ſanft beſchreibe. — Am Sonnabend gieng Guſtav nach dem Eſſen — ſchon unter demſelben konnt' er vor Liebe und Ruͤhrung ſeine Eltern nicht anſehen — die Treppe hinauf, um nach einer ſo ſchoͤ¬ nen Sitte den Seinigen ſeine Fehler abzubitten. Der Menſch iſt nie ſo ſchoͤn als wenn er Verzeihung bit¬ tet oder ſelber verzeiht. Er gieng langſam hinauf, damit ſeine Augen trocken und ſeine Stimme feſter wuͤrde; aber als er vor die elterlichen kam, brach ihm alles wieder, er hielt lange in ſeiner gluͤhenden Hand die vaͤterliche, um etwas zu ſagen, um nur die drei Worte zu ſagen: „Vater vergieb mir;“ aber er fand O

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/245>, abgerufen am 22.11.2024.