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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Kriege der großen Herrn prophezeien, daß da ein
kleiner zwischen dem Ehepotentaten und der andern
feindlichen Macht ausbrechen werde; weil diese sei¬
nen Kommerzientraktat nicht leiden konnte: das
Ehepaar feierte dann seine olympischen Spiele der
Zunge und Hände und konnte die Zeitrechnung der
Ehe nach diesen Olympiaden abtheilen.

Weiter! Unser neue Regent ließ -- da das
Volk in Italien den Pallast des verstorbnen Pab¬
stes und Doge gratis erhält -- die Meublen seines
Herrn Vaters um Weniges versteigern: er thats
wie alle Kronprinzen aus Achtung gegen ihn, da¬
mit das Volk ein Andenken vom Seeligen, wie
das Römische die Gärten von Zäsar, erben könn¬
te. Der Professor wollte auch erben und erstehen.
Er bot also zum Besten des Rittmeisters, in des¬
sen Zimmer die Kommode, der Spiegel und die
Sessel jämmerlich waren, nicht auf diese drei Din¬
ge, sondern auf drei benachbarte -- auf zwei
schöne Bronze-Vasen mit Ziegenköpfen und Myr¬
tenblättern für die elende Kommode, auf seinen
gerad - und spitzbeinigen Spiegeltisch unter den
elenden Spiegel, auf eine prächtige Bergere zwi¬
schen die elenden Sessel. Es wurd' ihm zugeschla¬

Kriege der großen Herrn prophezeien, daß da ein
kleiner zwiſchen dem Ehepotentaten und der andern
feindlichen Macht ausbrechen werde; weil dieſe ſei¬
nen Kommerzientraktat nicht leiden konnte: das
Ehepaar feierte dann ſeine olympiſchen Spiele der
Zunge und Haͤnde und konnte die Zeitrechnung der
Ehe nach dieſen Olympiaden abtheilen.

Weiter! Unſer neue Regent ließ — da das
Volk in Italien den Pallaſt des verſtorbnen Pab¬
ſtes und Doge gratis erhaͤlt — die Meublen ſeines
Herrn Vaters um Weniges verſteigern: er thats
wie alle Kronprinzen aus Achtung gegen ihn, da¬
mit das Volk ein Andenken vom Seeligen, wie
das Roͤmiſche die Gaͤrten von Zaͤſar, erben koͤnn¬
te. Der Profeſſor wollte auch erben und erſtehen.
Er bot alſo zum Beſten des Rittmeiſters, in deſ¬
ſen Zimmer die Kommode, der Spiegel und die
Seſſel jaͤmmerlich waren, nicht auf dieſe drei Din¬
ge, ſondern auf drei benachbarte — auf zwei
ſchoͤne Bronze-Vaſen mit Ziegenkoͤpfen und Myr¬
tenblaͤttern fuͤr die elende Kommode, auf ſeinen
gerad – und ſpitzbeinigen Spiegeltiſch unter den
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ſchen die elenden Seſſel. Es wurd' ihm zugeſchla¬

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[165/0201] Kriege der großen Herrn prophezeien, daß da ein kleiner zwiſchen dem Ehepotentaten und der andern feindlichen Macht ausbrechen werde; weil dieſe ſei¬ nen Kommerzientraktat nicht leiden konnte: das Ehepaar feierte dann ſeine olympiſchen Spiele der Zunge und Haͤnde und konnte die Zeitrechnung der Ehe nach dieſen Olympiaden abtheilen. Weiter! Unſer neue Regent ließ — da das Volk in Italien den Pallaſt des verſtorbnen Pab¬ ſtes und Doge gratis erhaͤlt — die Meublen ſeines Herrn Vaters um Weniges verſteigern: er thats wie alle Kronprinzen aus Achtung gegen ihn, da¬ mit das Volk ein Andenken vom Seeligen, wie das Roͤmiſche die Gaͤrten von Zaͤſar, erben koͤnn¬ te. Der Profeſſor wollte auch erben und erſtehen. Er bot alſo zum Beſten des Rittmeiſters, in deſ¬ ſen Zimmer die Kommode, der Spiegel und die Seſſel jaͤmmerlich waren, nicht auf dieſe drei Din¬ ge, ſondern auf drei benachbarte — auf zwei ſchoͤne Bronze-Vaſen mit Ziegenkoͤpfen und Myr¬ tenblaͤttern fuͤr die elende Kommode, auf ſeinen gerad – und ſpitzbeinigen Spiegeltiſch unter den elenden Spiegel, auf eine praͤchtige Bergere zwi¬ ſchen die elenden Seſſel. Es wurd' ihm zugeſchla¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/201>, abgerufen am 24.11.2024.