der Welt: denn ich kenne sie schon, aber die Welt nicht. Ich formirte eine Dreieinigkeit von Perso¬ nen da: ich war Klaviermeister, Rechtskonsulent und Weltmann. Drei närrische Rollen! -- Ich stu¬ dirte in der Stadt, die sonst die größten Juri¬ sten und jetzt die kleinsten Hunde liefert, in Bo¬ logna, zwei ganz entgegengesetzte Speditionen, wie Paris sonst die Universität aller europäischen Theologen war, jetzt der Philosophen. In Paris war ich auch, hätte auch da ein geschickter Parlementsadvokat werden können; ich wollt' aber nicht und nahm nichts daraus mit (so wie aus Bo¬ logna und aus einigen deutschen Reichsstädten) als die schwarze juristische Kleidung, die ihren Grund hat: denn da unsere Klienten uns ernähren und bezahlen und mehr Recht und Noth als Geld be¬ halten: so trauern wir Patronen um sie schwarz; hingegen bei den Römern legten die Klienten, die mehr bekamen als gaben, für den Patro¬ nus, wenn es ihm schlimm ergieng, Trauerkleider an.
Zweitens war ich Klaviermeister, aber vielleicht kein gesetzter: denn ich verliebte mich im ersten Quartal in alle meine Schülerinnen (für Schüler
der Welt: denn ich kenne ſie ſchon, aber die Welt nicht. Ich formirte eine Dreieinigkeit von Perſo¬ nen da: ich war Klaviermeiſter, Rechtskonſulent und Weltmann. Drei naͤrriſche Rollen! — Ich ſtu¬ dirte in der Stadt, die ſonſt die groͤßten Juri¬ ſten und jetzt die kleinſten Hunde liefert, in Bo¬ logna, zwei ganz entgegengeſetzte Speditionen, wie Paris ſonſt die Univerſitaͤt aller europaͤiſchen Theologen war, jetzt der Philoſophen. In Paris war ich auch, haͤtte auch da ein geſchickter Parlementsadvokat werden koͤnnen; ich wollt' aber nicht und nahm nichts daraus mit (ſo wie aus Bo¬ logna und aus einigen deutſchen Reichsſtaͤdten) als die ſchwarze juriſtiſche Kleidung, die ihren Grund hat: denn da unſere Klienten uns ernaͤhren und bezahlen und mehr Recht und Noth als Geld be¬ halten: ſo trauern wir Patronen um ſie ſchwarz; hingegen bei den Roͤmern legten die Klienten, die mehr bekamen als gaben, fuͤr den Patro¬ nus, wenn es ihm ſchlimm ergieng, Trauerkleider an.
Zweitens war ich Klaviermeiſter, aber vielleicht kein geſetzter: denn ich verliebte mich im erſten Quartal in alle meine Schuͤlerinnen (fuͤr Schuͤler
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0182"n="146"/>
der Welt: denn ich kenne ſie ſchon, aber die Welt<lb/>
nicht. Ich formirte eine Dreieinigkeit von Perſo¬<lb/>
nen da: ich war Klaviermeiſter, Rechtskonſulent<lb/>
und Weltmann. Drei naͤrriſche Rollen! — Ich ſtu¬<lb/>
dirte in der Stadt, die ſonſt die groͤßten <hirendition="#g">Juri¬<lb/>ſten</hi> und jetzt die kleinſten <hirendition="#g">Hunde</hi> liefert, in Bo¬<lb/>
logna, zwei ganz entgegengeſetzte Speditionen,<lb/>
wie Paris ſonſt die Univerſitaͤt aller europaͤiſchen<lb/><hirendition="#g">Theologen</hi> war, jetzt der <hirendition="#g">Philoſophen</hi>. In<lb/>
Paris war ich auch, haͤtte auch da ein geſchickter<lb/>
Parlementsadvokat werden koͤnnen; ich wollt' aber<lb/>
nicht und nahm nichts daraus mit (ſo wie aus Bo¬<lb/>
logna und aus einigen deutſchen Reichsſtaͤdten) als<lb/>
die ſchwarze juriſtiſche Kleidung, die ihren Grund<lb/>
hat: denn da unſere Klienten uns ernaͤhren und<lb/>
bezahlen und mehr Recht und Noth als Geld be¬<lb/>
halten: ſo trauern wir Patronen um ſie ſchwarz;<lb/>
hingegen bei den Roͤmern legten die Klienten,<lb/>
die mehr bekamen als gaben, fuͤr den Patro¬<lb/>
nus, wenn es ihm ſchlimm ergieng, Trauerkleider<lb/>
an.</p><lb/><p>Zweitens war ich Klaviermeiſter, aber vielleicht<lb/>
kein geſetzter: denn ich verliebte mich im erſten<lb/>
Quartal in alle meine Schuͤlerinnen (fuͤr Schuͤler<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[146/0182]
der Welt: denn ich kenne ſie ſchon, aber die Welt
nicht. Ich formirte eine Dreieinigkeit von Perſo¬
nen da: ich war Klaviermeiſter, Rechtskonſulent
und Weltmann. Drei naͤrriſche Rollen! — Ich ſtu¬
dirte in der Stadt, die ſonſt die groͤßten Juri¬
ſten und jetzt die kleinſten Hunde liefert, in Bo¬
logna, zwei ganz entgegengeſetzte Speditionen,
wie Paris ſonſt die Univerſitaͤt aller europaͤiſchen
Theologen war, jetzt der Philoſophen. In
Paris war ich auch, haͤtte auch da ein geſchickter
Parlementsadvokat werden koͤnnen; ich wollt' aber
nicht und nahm nichts daraus mit (ſo wie aus Bo¬
logna und aus einigen deutſchen Reichsſtaͤdten) als
die ſchwarze juriſtiſche Kleidung, die ihren Grund
hat: denn da unſere Klienten uns ernaͤhren und
bezahlen und mehr Recht und Noth als Geld be¬
halten: ſo trauern wir Patronen um ſie ſchwarz;
hingegen bei den Roͤmern legten die Klienten,
die mehr bekamen als gaben, fuͤr den Patro¬
nus, wenn es ihm ſchlimm ergieng, Trauerkleider
an.
Zweitens war ich Klaviermeiſter, aber vielleicht
kein geſetzter: denn ich verliebte mich im erſten
Quartal in alle meine Schuͤlerinnen (fuͤr Schuͤler
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/182>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.