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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Praxis ein besonderes Zutrauen fassen würde; weil
dieses Zutrauen das ganze Dispensatorium eines
Weiberdoktors sei; weil die meisten Krankheiten der
Weiber bloß in schwachen Nerven und deren ganze
Kur in Enthaltung von -- Arzeneien bestände; weil
Apotheken nur für Männer, nicht für Weiber wären
und weil er sie eben so gern anbetete als kurierte.

Ein anderer Punkt war der, wienach er
so geschwind nach Scheerau und so geschwind zum
Medizinalrath gekommen. Es ist so: der Erb¬
prinz der jezt auf dem hohen Thronkutscher¬
sitz mit dem Staatswagen zum Teufel fahren wird,
liebt niemand; auf seiner Reise spottete er über seine
Maitressen; seine Freundschaft ist nur ein geringe¬
rer Grad von Haß, seine Gleichgültigkeit ist ein grös¬
serer; den grösten aber, der ihn wie Sodbrennen
beißet, hegt er gegen seinen unehelichen Bruder,
den Kapitain von Ottomar, Fenks Freund, der
in Rom in der schönsten natürlichen Natur so¬
wohl als artistischen geblieben war, um im Ge¬
nuß und Nachahmen der römischen Gegenden
und Antiken zu schwelgen. Ottomar ist ein Ge¬
nie im guten Sinne und im bösen auch. Er und der
Erbprinz ertrugen einander kaum in Vorzimmern

Praxis ein beſonderes Zutrauen faſſen wuͤrde; weil
dieſes Zutrauen das ganze Diſpenſatorium eines
Weiberdoktors ſei; weil die meiſten Krankheiten der
Weiber bloß in ſchwachen Nerven und deren ganze
Kur in Enthaltung von — Arzeneien beſtaͤnde; weil
Apotheken nur fuͤr Maͤnner, nicht fuͤr Weiber waͤren
und weil er ſie eben ſo gern anbetete als kurierte.

Ein anderer Punkt war der, wienach er
ſo geſchwind nach Scheerau und ſo geſchwind zum
Medizinalrath gekommen. Es iſt ſo: der Erb¬
prinz der jezt auf dem hohen Thronkutſcher¬
ſitz mit dem Staatswagen zum Teufel fahren wird,
liebt niemand; auf ſeiner Reiſe ſpottete er uͤber ſeine
Maitreſſen; ſeine Freundſchaft iſt nur ein geringe¬
rer Grad von Haß, ſeine Gleichguͤltigkeit iſt ein groͤſ¬
ſerer; den groͤſten aber, der ihn wie Sodbrennen
beißet, hegt er gegen ſeinen unehelichen Bruder,
den Kapitain von Ottomar, Fenks Freund, der
in Rom in der ſchoͤnſten natuͤrlichen Natur ſo¬
wohl als artiſtiſchen geblieben war, um im Ge¬
nuß und Nachahmen der roͤmiſchen Gegenden
und Antiken zu ſchwelgen. Ottomar iſt ein Ge¬
nie im guten Sinne und im boͤſen auch. Er und der
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[132/0168] Praxis ein beſonderes Zutrauen faſſen wuͤrde; weil dieſes Zutrauen das ganze Diſpenſatorium eines Weiberdoktors ſei; weil die meiſten Krankheiten der Weiber bloß in ſchwachen Nerven und deren ganze Kur in Enthaltung von — Arzeneien beſtaͤnde; weil Apotheken nur fuͤr Maͤnner, nicht fuͤr Weiber waͤren und weil er ſie eben ſo gern anbetete als kurierte. Ein anderer Punkt war der, wienach er ſo geſchwind nach Scheerau und ſo geſchwind zum Medizinalrath gekommen. Es iſt ſo: der Erb¬ prinz der jezt auf dem hohen Thronkutſcher¬ ſitz mit dem Staatswagen zum Teufel fahren wird, liebt niemand; auf ſeiner Reiſe ſpottete er uͤber ſeine Maitreſſen; ſeine Freundſchaft iſt nur ein geringe¬ rer Grad von Haß, ſeine Gleichguͤltigkeit iſt ein groͤſ¬ ſerer; den groͤſten aber, der ihn wie Sodbrennen beißet, hegt er gegen ſeinen unehelichen Bruder, den Kapitain von Ottomar, Fenks Freund, der in Rom in der ſchoͤnſten natuͤrlichen Natur ſo¬ wohl als artiſtiſchen geblieben war, um im Ge¬ nuß und Nachahmen der roͤmiſchen Gegenden und Antiken zu ſchwelgen. Ottomar iſt ein Ge¬ nie im guten Sinne und im boͤſen auch. Er und der Erbprinz ertrugen einander kaum in Vorzimmern

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/168>, abgerufen am 24.11.2024.