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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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horchen sie erstlich auf -- dann lächeln sie an --
dann sinnen sie nach -- dann sehen sie es nicht ein
-- dann muthmaßen sie drei Tage darnach nichts
Gutes -- und endlich werden sie darüber recht auf¬
gebracht. Fenk fragte nichts darnach und sagte
von Zeit zu Zeit etwas, was sie nicht verstanden
oder er selber nicht.

Er erklärte alsdann dem Rittmeister, und
ich dem Leser, alles. Die aufgeklebten Kräuter,
sagt' er, hielten jezt alle Basen, und Tropfen
und Visitenameisen von seiner Stube ab, wie um¬
zäunender Hanf die Raupen vom Krautfeld. -- --
Seine Reisegeschichte und ein Paar Räthsel daraus
zeig' er nur halb, weil man sich für die Menschen
am meisten interessire, an denen man noch etwas
zu errathen suche und die neugierigen Patientinnen
würden die seinigen seyn. -- Ob er verheirathet
sei, wiss' er selber nicht; und andere solltens auch
nicht wissen, weil man ihn in alle Häuser, wo
ein Waarenlaager von Töchtern steht, als Arzt
hineinrufen würde, damit er als Bräutigam wie¬
der herausgehe. -- -- Endlich nehm' er nur
weibliche Patienten an, weil das die häufigsten
wären; weil man zu ihm für diese ausschließende

J 2

horchen ſie erſtlich auf — dann laͤcheln ſie an —
dann ſinnen ſie nach — dann ſehen ſie es nicht ein
— dann muthmaßen ſie drei Tage darnach nichts
Gutes — und endlich werden ſie daruͤber recht auf¬
gebracht. Fenk fragte nichts darnach und ſagte
von Zeit zu Zeit etwas, was ſie nicht verſtanden
oder er ſelber nicht.

Er erklaͤrte alsdann dem Rittmeiſter, und
ich dem Leſer, alles. Die aufgeklebten Kraͤuter,
ſagt' er, hielten jezt alle Baſen, und Tropfen
und Viſitenameiſen von ſeiner Stube ab, wie um¬
zaͤunender Hanf die Raupen vom Krautfeld. — —
Seine Reiſegeſchichte und ein Paar Raͤthſel daraus
zeig' er nur halb, weil man ſich fuͤr die Menſchen
am meiſten intereſſire, an denen man noch etwas
zu errathen ſuche und die neugierigen Patientinnen
wuͤrden die ſeinigen ſeyn. — Ob er verheirathet
ſei, wiſſ' er ſelber nicht; und andere ſolltens auch
nicht wiſſen, weil man ihn in alle Haͤuſer, wo
ein Waarenlaager von Toͤchtern ſteht, als Arzt
hineinrufen wuͤrde, damit er als Braͤutigam wie¬
der herausgehe. — — Endlich nehm' er nur
weibliche Patienten an, weil das die haͤufigſten
waͤren; weil man zu ihm fuͤr dieſe ausſchließende

J 2
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[131/0167] horchen ſie erſtlich auf — dann laͤcheln ſie an — dann ſinnen ſie nach — dann ſehen ſie es nicht ein — dann muthmaßen ſie drei Tage darnach nichts Gutes — und endlich werden ſie daruͤber recht auf¬ gebracht. Fenk fragte nichts darnach und ſagte von Zeit zu Zeit etwas, was ſie nicht verſtanden oder er ſelber nicht. Er erklaͤrte alsdann dem Rittmeiſter, und ich dem Leſer, alles. Die aufgeklebten Kraͤuter, ſagt' er, hielten jezt alle Baſen, und Tropfen und Viſitenameiſen von ſeiner Stube ab, wie um¬ zaͤunender Hanf die Raupen vom Krautfeld. — — Seine Reiſegeſchichte und ein Paar Raͤthſel daraus zeig' er nur halb, weil man ſich fuͤr die Menſchen am meiſten intereſſire, an denen man noch etwas zu errathen ſuche und die neugierigen Patientinnen wuͤrden die ſeinigen ſeyn. — Ob er verheirathet ſei, wiſſ' er ſelber nicht; und andere ſolltens auch nicht wiſſen, weil man ihn in alle Haͤuſer, wo ein Waarenlaager von Toͤchtern ſteht, als Arzt hineinrufen wuͤrde, damit er als Braͤutigam wie¬ der herausgehe. — — Endlich nehm' er nur weibliche Patienten an, weil das die haͤufigſten waͤren; weil man zu ihm fuͤr dieſe ausſchließende J 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/167>, abgerufen am 22.11.2024.